Mittwoch, 16. September 2009

Die arme, arme, arme, arme, arme Polizei

Analyse eines Artikels in "Spiegel Online"

Passend zur letzten Gewalttat eines Psychopathen in Uniform drückt das Spiegelchen auf die Tränendrüse: im Prinzip wäre die Polizei unterbesetzt, unterbezahlt, und könne sich gar nicht mehr Kümmern um die ganze Gewalt, die in unserem Land vor sich geht.

In Wirklichkeit gibt es Beispielsweise in Hessen etwa 13.000 Polizeibeamte - das ist etwa ein Beamter auf 460 Bewohner - nicht die im Artikel bepöbelte Quote von 1:2700, oder gar 1:25000 Beamten im Streifendienst. Im übrigen sind das Beamte, d.h., sie könnten Notfalls auf Streife befohlen werden.

Dann wird der Eindruck erweckt, bei "Ruhestörung" (synonym "Randalierer") handele es sich um ein Delikt, das dem durchschnittlichen Beamten unglaubliches abverlange, so dass quasi vor lauter Ruhestörung die eigentliche Polizeiarbeit (gefährliche Personen festzusetzen) leiden müsse. Dass "Ruhestörung" eine spezifisch deutsche Befindlichkeit ist, die Vorstellung, dass es still zu sein habe, Bewohnern großer, lauter Städte im wesentlichen fremd ist, wird hier natürlich unterschlagen.

Streicht man die "Ruhestörung" (und das Synonym "Randalierer") bleibt übrig: "Verdächtige Person" (denunzierter) und "Sachbeschädigend" - überraschend ein tatsächliches Delikt, dessen Aufklärung ich tatsächlich der Polizei zurechnen würde. Die Erkenntnis aus dem Protokoll ist also: die angeblich unterüberwachte Bevölkerung der beschriebenen Stadt fühlt sich im wesentlichen in ihrer Ruhe gestört.

Persönlich freue ich mich über jeden Deutschen, der sich in seiner Ruhe gestört fühlt, denn das heißt unter anderem, dass ihm gerade kein Polizist die Nase bricht, kein Vergewaltiger seine Tochter massakriert und kein Mafioso ihn im Verbund mit der Polizei erpresst.

Als nächstes werden rassistische und rechtspopulistische Vorurteile bekräftigt: die Türken integrieren sich nicht richtig (grundlos die Personalien festzustellen, würde eine Reaktion hervorrufen - bei mir auch, ehrlichgesagt), Müßiggang führt zu Laster führt zu Straffälligkeit: betrunkene Fahrradfahrer ohne Licht müssten wichtiger sein als alles andere, Beziehungskrach ist Polizeisache. Dann wird der Vogel abgeschossen und "nichtsnutzig schwerbewaffnet in der Ecke rumstehen", "wahl- und grundlos Leute von hinten erschiessen" und "passanten Krankenhausreif prügeln" ernsthaft als "alle in Ruhe lassen" bezeichnet.

Dann wird noch die Tatsache, dass die Polizei nicht jedem "vermissten" 15-jährigen hinterherschnüffeln kann, als untergang des Abendlandes bezeichnet. Und dann die Erkenntnis, dass Polizeiarbeit so ziemlich der schlimmste Job der Welt ist, als Neuheit des Tages verkauft.

Insgesamt ein bizarr unangemessener Fehlgriff, ein weiterer Schlag ins Gesicht des Radfahrers, eine Verhöhnung aller Opfer der Polizei- und Justizgewalt.

Das Spiegelchen hat sich mal wieder als Sprachrohr der Regierigen betätigt, seine Schuldigkeit getan und darf deshalb die Lizenz zum Drucken behalten. Kritische Reflexion eines Systems, das mit Gewalt Leute zu seiner Finanzierung erpresst, das die Mißhandlung von Bürgern vor die Aufklärung von schwersten Steuerstraftaten stellt und sich im korruptionsindex Konsequent zu den Absteigerplätzen hinabkämpft, bleibt aus. Buisiness as Usual im Lande Hitler.

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