Dienstag, 30. September 2008

Aristoteles und Demokratie

Aristoteles sah die Demokratie als unvollkommene Herrschaftsform an:
Von diesen (Regierungsformen) ist die beste das Königtum, die schlechteste die Timokratie. (...) Die Timokratie endlich geht in die Demokratie über; denn diese beiden grenzen aneinander. (...) Die Demokratie ist am wenigsten schlecht, weil sie sich nur wenig von der richtigen Staatsform der Timokratie entfernt.
Nikomachische Ethik, Buch 8, Kapitel 12

Auch der Gedanke, Demokratie sei nicht "die Beste" Regierungsform, sondern "die am wenigsten Schlechte" findet sich hier also schon. Dieser Absatz kann für die Übung des kritischen Quellenverständnis ("richtige Staatsform", "am wenigsten Schlecht" - Hat Aristoteles recht? Warum glauben wir das?) benutzt werden. Auch kann man Bezüge zwischen unserem heutigen und seinem Verständnis aufzeigen.

Etwas später bricht er eine Lanze für die Demokratie, die uns natürlich in unserem Renaissance-Verständnis von Lebenswirklichkeit als natürliche Schlußfolgerung erscheint.

Auch in der Tyrannis ist also Freundschaft und Recht nur wenig zu finden, in der Demokratie aber noch am meisten. Denn wo man sich gleich steht, hat man vieles gemeinsam.
Nikomachische Ethik, Buch 8, Kapitel 13

Wieder bietet sich kritisches Quellenstudium an: Ist "Recht" oder "Freundschaft" tatsächlich nur unter "gleichen" herstellbar? Was ist gemeint mit "gleich"?

Die Wikipedia unterstellt im übrigen Aristoteles eine Behauptung, die Regierungsformen würden sich in einem Kreislauf befinden:
Die Freiheit wiederum wird abwechselnd von den Staatsformen Monarchie, Oligarchie und Demokratie am besten gewährleistet. Jede dieser Staatsformen entartet und gleitet so in die nächste über. Die Monarchie entartet zur Tyrannis, diese geht in die Aristokratie über, diese entartet in der Oligarchie und aus dieser erhebt sich mit klaren Regeln die direkte Demokratie, welche dann in der Herrschaft des Pöbels, der Ochlokratie, untergeht, u.s.w. u.s.f.
Diese Deutung ist offenbar der regen Fantasie eines Autors entsprungen - Aristoteles sieht offenbar allerhöchstens Degeneration zur jeweils minderwertigeren Form:
Das Königtum geht in Tyrannis über, (...) Die Aristokratie aber geht in Oligarchie über (...) Die Timokratie endlich geht in die Demokratie über; denn diese beiden grenzen aneinander.
Nikomachische Ethik, Buch 8, Kapitel 12

Wobei man noch dazusagen muß, dass für mich nicht ersichtlich ist, wie Aristoteles den Übergang zwischen beispielsweise "Königtum/Tyrannis" und "Aristokratie/Oligarchie" erklärt.

Der Vergleich zwischen Wikipedia und Quelle enthüllt hier also erstaunliches. Dieses Beispiel nicht-Konsistent zu vermitteln, könnte den Respekt vor möglichen Fehldeutungen erhöhen helfen.

Überblick zu Aristoteles

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