Montag, 29. Dezember 2008

Captain Obvious to the Rescue!

Hach, es hat doch noch einen Sinn, dass es Parteien gibt, und dass die sich bemühen, demokratische Aufklärungsarbeit zu betreiben.
ENERGIEPREISE
Grünen-Studie brandmarkt Stromkonzerne als Absahner


Da haben also Stromkonzerne die Preise erhöht, und dann auch noch daran verdient. Nein, wirklich? Wo wären wir nur ohne die Grünen und ihre Studien. Da können die Grünen ja jetzt einen parteiinternen Arbeitskreis planen, so dass bei der nächsten Regierungsbeteiligung 2138 dann ein Vorschlag zur Güte vorliegt, wie mit dem Problem umgegangen werden kann, ohne allzusehr in die Belange der Energiekonzerne einzugreifen.

Sonntag, 21. Dezember 2008

Feuerstöße

Roland Koch hat ein scharfes Bohnengericht gegessen. Anders läßt sich nicht erklären, dass er in letzter Zeit so viel von stichflammen Fantasiert.

Deswegen läßt er in seinem Bauchpinselorgan verkünden:

Wir müßten "Feuer löschen".

Außerdem fehlten "Feuerstöße zur Kurskorrektur".

Interessant ist dieses hohle Politikergewäsch, weil es eine völlig sinnlose Metaphorik als Erklärung einsetzt. Man muß sich das nur mal in der Gesamtheit geben:

ECHO: In dieser Woche haben Sie ein Konjunkturpaket für 2009 angekündigt. Wie passt das zu Ihren Warnungen vor Aktionismus?

Koch: Das ist genau die richtige Antwort darauf, weil es schnell wirken kann. Jetzt ist nicht die geeignete Zeit für eine Steuerreform-Debatte, Steuerreformen wirken langfristig. Jetzt aber müssen wir schnell Feuer löschen.


Also ganz einfach: "Was kümmert mich mein saublödes Geschwätz von Gestern? Heute ist nun mal Aktionismus angesagt, wenn euch das stört, zieht doch woanders hin?"

Die Frage ist, wo die Wortbruch-Debatte bleibt? Immerhin hatte Schlauchbootlippe noch kürzlich selbstherrlich verkünden lassen, mit solchem sei nicht zu rechnen:

http://www.cdu.de/archiv/2370_25117.htm

Bild am Sonntag: Wirtschaftsexperten erwarten, dass es in einem Jahr eine halbe Million Arbeitslose zusätzlich geben wird. Denen könnten Sie den Kurs der Besonnenheit ja so erklären: Sorry, aber wir haben etwas zu lange gewartet...
Koch: Da liegen Sie ganz falsch! Die Politik des besonnenen Abwartens kostet keinen einzigen Arbeitsplatz. Im Gegenteil, Aktionismus kann gefährlich und teuer werden. Wer zu Jahresbeginn zur Bekämpfung einer Krise, deren Ausmaße niemand wirklich kennt, möglichst große Programme abruft, macht mehr falsch als richtig.


Der andere Auswurf ist noch skurriler:

Ich vergleiche das mit einer fliegenden Rakete: Die braucht gelegentlich einen Feuerstoß zur Kurskorrektur, damit sie noch in die richtige Richtung fliegt. Das geht im Augenblick nicht von selbst und wir müssen genug Treibstoff dabei haben, um diese Kurskorrekturen über eine längere Zeit immer wieder durchführen zu können. Und in absehbarer Zeit kommt es natürlich den Bürgern zu gute, weil es nämlich Arbeitsplätze stabilisiert.


Also, die Metapher von der Rakete ist irgendwie eine gute - es zeigt sich, die Raketengleichung ist wie die Entwicklung von Zinsen exponentiell. Nur bin ich mir sicher, dass Roland Koch das nicht in seinem flauen Brägen hatte. Irgendwie geht es darum, dass wir in die falsche Richtung fliegen (sicher, dem Herrn Koch würde es z.B. passen, wenn die ganzen Kritiker endlich mal richtig aufs Maul bekämen, oder wenn er noch etwas mehr Geld bekäme, oder sowas), und deswegen brauchen "wir" "genug" "Treibstoff" (vulgo: Geld), weil: das ist besser für die Bürger.

Kurz gesagt: Regieren ist gut, und je mehr Geld da ist, umso besser. Wie die Bevölkerung Hessens zu diesen Inhalten steht, war ja leider nicht in Erfahrung zu bringen. Ist ja auch egal, der Koch regiert ja eh weiter, oder? Mit seinem bohnengetriebenen Raketenantrieb. Fäulnisgestank, dessen Ausstoß als Impuls verstanden wird. Stichflammen im Hirn. Was für ein saudummes Gesülz.

Nutzloser Aktivismus

Da trug es sich also zu, dass einige "Hell's Angels", die einigen "Bandidos" aufgelauert und sie zu klump geschlagen hatten, einen "Deal" mit ihren Anklägern und dem Richter hatten, so dass sie zu vergleichsweise geringen Strafen verurteilt wurden. Im Sinne des Rechtsfriedens, quasi. Man will ja auch keine randalierenden Motorradgangs zu Weihnachten.

Typisch Juristen, könnte man sagen. Man sieht schon, wie hier Freiheit und Sicherheit abgewogen werden: Wenn "Freiheit" mit einem juristenkompatiblen Dialekt ausgesprochen wird (d.h. darin besteht, Leute zu verprügeln, sich wie die Herren im Lande aufzuführen, generell ein autoritäres Gesellschaftsbild zu leben), kann das durchaus förderlich für die "Sicherheit" (vgl. "Rechtssicherheit", "Rechtsfriede" usw.) sein. In diesem Sinne sind also die Hell's Angels und die Polizei quasi zwei Arme derselben Behörde - beide haben ihren Zweck erfüllt, wenn sie ordnungspolizeiliche Weisheit (willkürliche Machtdemonstration zur Erzeugung von Paranoia) und Hörigkeit gegenüber den Gerichten demonstrieren. So ein Jurist ist ja auch nur ein Mensch: solange er nur sein Plazet geben darf, ist es ihm ja letztlich egal, wer die andersdenkenden Verprügelt. Demokratisierung der Polizeiarbeit ist das, nichts anderes.

Die jüngste Entwicklung: Ein juristisch verbildeter Spaßvogel aus Rinteln hat sich einen Spaß daraus gemacht, der deutschen Gerichtsbarkeit einen Anstrich von Rechtfertigbarkeit zu geben, indem er diesen Vorgang als "Rechtsbeugung" und "Strafvereitlung im Amt" zur Anzeige gebracht hat. Dem ist wohl nicht geläufig, dass "Rechtsbeugung" allerfrühestens in Frage kommt, wenn der Angeklagte eine inopportun libertäre Auffassung aufweist oder sich bei der Regierigkeit allzu unbeliebt gemacht hat. Und dass "Strafvereitlung im Amt" überhaupt nie verhängt werden kann, denn die Organe der Rechtsstaatlichkeit haben ja quasi per Definition immer Recht, und selbst wenn nicht, kann man sie nicht belangen. Das sind ja alles nur Einzelfälle.

Vorhersage: die Vorwürfe werden vom Staatsanwalt fallengelassen oder enden nach einem Schauprozeß in einem Freispruch. Der Rintelner wird die nächsten 60 Jahre seines Lebens nicht mehr froh, da er nach Helgoland versetzt werden wird.

Donnerstag, 11. Dezember 2008

Man lernt nie aus...

Es ist tatsächlich so, dass es verboten ist, Bombenbauanleitungen zu verbreiten.

Burks zitiert §§40,52 i.V. m. Anlage 2 Abschn. 1 Nr. 1.3.4 WaffG

Dröselt man das auf, ergibt sich:

§40 WaffG:
§ 40 Verbotene Waffen
(1) Das Verbot des Umgangs umfasst auch das Verbot, zur Herstellung der in Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.3.4 bezeichneten Gegenstände anzuleiten oder aufzufordern.
Dies bezieht sich offensichtlich auf §2:
§ 2 Grundsätze des Umgangs mit Waffen oder Munition, Waffenliste
[...]
(3) Der Umgang mit Waffen oder Munition, die in der Anlage 2 Abschnitt 1 zu diesem Gesetz genannt sind, ist verboten.
Anl. 2 Abschn. 1 Nr 1.3.4
1.3.4
Gegenstände, bei denen leicht entflammbare Stoffe so verteilt und entzündet werden, dass schlagartig ein Brand entstehen kann; oder in denen unter Verwendung explosionsgefährlicher oder explosionsfähiger Stoffe eine Explosion ausgelöst werden kann.
Vulgo, Bomben.

Die Frage ist natürlich, wo ein Gegenstand anfängt, "in dem" eine Explosion ausgelöst werden kann. Letztlich ist sicher das Universum gemeint. Jede Explosion findet ja irgendwodrin statt. In einer Bombe. In einem Haus. In einer Atmosphäre.

Fragt sich auch, was "anleiten" bedeutet. Ist eine Bombenbauanleitung eine Anleitung im Sinne dieses Gesetzes? Oder muß man persönlich anwesend sein, um anzuleiten? Muß die "Anleitung" richtig sein? Glaubwürdig? Oder beides? Sind gefährliche (weil falsche) Bombenbauanleitungen mehr verboten oder weniger? Ist es verboten, Sicherheitsvorkehrungen, die man beim Verarbeiten explosiver Substanzen verwenden könnte, zu verbreiten?

Ich weiß nicht so recht, wie die Abgrenzung gegenüber der Chemie aussieht. Ich meine, die lernen ja zuweilen auch Dinge, die rumsen. Wissenschaft scheint also von solchen Denkverboten befreit zu sein. Sicher könnte ein findiger Rhetoriker einen Bezug zur Kunstfreiheit herausarbeiten.

Auch muß man sagen, dass man die fraglichen Informationen zwanglos aus der Wikipedia zusammenklauben kann. Wahrscheinlich könnte man eine Bombenbauanleitung nur aus Wikipedia-Links zusammensetzen. Man stelle sich vor: ein Programm, das einige Wikipedia-Seiten abruft und trivial zusammenflickt (ein absatz von hier, einer von da, ein paar überschriften - wie gemacht für XSLT), so dass eine Bombenbauanleitung dabei herauskommt. Ist dieses Programm eine Bombenbauanleitung? Oder steht die Bombenbauanleitung auf der Wikipedia?

Ich glaube, über die meisten Probleme machen sich viele Leute gar keine Gedanken.

Sonntag, 7. Dezember 2008

Warnung!

Die Polizei in Athen warnt heftig. Wovor, ist nicht ganz klar. Der Zweck rechtfertigt aber meiner Meinung nach selten die Mittel. Ob sich die Financial Times Deutschland des realsatirischen Untertons ihrer Äußerung bewußt ist?

Der 15-Jährige war am späten Samstagabend in Athen durch eine Polizeikugel getötet worden. Laut Medienberichten traf ein Warnschuss den jungen Mann.

(hervorhebung Meine)

Mittwoch, 3. Dezember 2008

Das Spiegelchen mal wieder

Da lassen sie echt die letzten Seppen an die Tastaturen, man mag es kaum glauben...

In der Aktuellen CDU-Propaganda lassen jene sich an ihren Ideen messen. Es geht um zwei unterschiedliche, vorgeschlagene Modelle, ein "Konjunkturprogramm" (was auch immer man jetzt von sowas halten mag) zu gestalten:
  1. Wirksam wird der Gutschein demnach nur, wenn die Bürger ihn mit einem Eigenanteil von 200 Euro aufstocken.
  2. Demnach soll allen Bürgern beim Einkauf mit Hilfe von Rabattmarken ein Preisnachlass gewährt werden.
Und der Unterschied ist - laut Spiegel Online:
Der Vorteil im Vergleich zu den Konsumschecks: Die Bürger müssen eigenes Geld einsetzen, um in den Genuss des Preisnachlasses zu kommen.
Das ist schon nicht mehr beschämend, das ist lächerlich. Wie kann man glauben, dass ein Mensch, dessen Auffassungsgabe nicht ausreicht, Widersprüche, die sich in einem ca. 3 Bildschirmseiten langen Artikel beim ersten Überfliegen finden, zu bemerken, es fertig bringt, eine wie auch immer geartete qualifizierte Meinung zu einem Vorgang mit möglicherweise hochkomplizierten Auswirkungen zustandzubringen?

Sonntag, 16. November 2008

Mind Control gegen den Strich gebürstet

Ich habe mir neulich einen Spaß daraus gemacht, den Wikipedia-Artikel über Mind Control mal explizit gegen den Strich zu bürsten. Mind Control ist einerseits die Technik, die Sekten anwenden, um ihre Mitglieder unter Kontrolle zu halten (im Deutschen spricht man oft von "Gehirnwäsche"), andererseits verdächtigen andere Leute das BKA oder ähnliche Institutionen, ihre Gedanken mittels Funkwellen zu manipulieren. Ich hab mal einige Punkte aus der Wikipedia kopiert, übersetzt und kommentiert.
  • Heilige Wissenschaft. Die Doktrin oder Ideologie der Gruppe wird als ultimative Wahrheit betrachtet, über Hinterfragung und Streit erhaben. Wahrheit wird nicht außerhalb der Gruppe gefunden. Der Führer, als Sprecher für Gott oder für die ganze Menschheit, ist genauso jenseits der Kritik.
Na, welche Leute waren in letzter Zeit "jenseits der Kritik"? Mir fallen da ein Paar ein...

Der nächste Punkt kommt aus einer anderen Quelle als die anderen (Margaret Singer statt Robert Jay Lifton) und fällt deshalb stilistisch etwas aus dem Rahmen.
  • Kontrolliere die soziale und physische Umgebung der Person, kontrolliere insbesondere die Zeit der Person
Stechuhren? Uhren überhaupt? Schule? etc.pp.
  • Mystische Manipulation. Es gibt Manipluation bei Erfahrungen, die spontan erscheinen aber tatsächlich von der Gruppe oder ihren Anführern geplant oder Orchestriert wurden, um göttliche Autorität, spirituellen Fortschritt oder eine besondere Gabe oder ein Talent demonstrieren zu können, das dann dem Anführer erlaubt, Ereignisse, die Schriften oder Erfahrungen ganz nach seinen oder ihren Wünschen neu zu interpretieren.
Ich bin ja kein Verschwörungsspinner (nein, der 11.9. war NICHT inszeniert), aber dass da ein Ereignis genutzt wird, um "göttliche Autorität" oder etwas Ähnliches zu Demonstrieren ("Anti-"Terrorgesetze brechen Menschenrechte usw.), kann wohl keiner ernsthaft bestreiten. Auch die Reinterpretation der Schriften läßt mich aufhorchen ("Das hat NICHTS mit der Verfassung zu tun" - BKA-Gesetz) Der Eindruck einer gewissen Willkür läßt sich auch schwer ausräumen.
  • Forderung nach Reinheit. Die Welt wird schwarzweiß gesehen und die Mitglieder werden ständig Ermahnt, mit der Ideologie der Gruppe übereinzustimmen, und nach Perfektion zu streben. Die Erzeugung von Schuld und/oder Scham ist ein mächtiges Kontrollinstrument, das hier genutzt wird.
Ein Schelm, wer hier nicht an "Fraktionsdisziplin", "Stasi-Vorwürfe", Gabriele Pauli, die Verbreitung von Schmähnamen in Überschriften und ähnliches denkt.
  • Die Sprache aufladen. Die Gruppe versteht oder benutzt Wörter und Phrasen in neuen Bedeutungen, die die Außenwelt oft nicht versteht. Dieser Jargon besteht aus gedanken-beendenden Klischees, die dazu dienen, die Denkprozesse der Mitglieder zu verändern, damit diese dem Denkschema der Gruppe entsprechen.
z.B. aus dem Kurzschluß, jede Entscheidung der Herrschaft mit dem Hinweis auf demokratische Legitimation für gültig zu erklären. Oder dass nur eine Herrschaft, die verhindert, dass Dinge passieren, die den meisten Leuten nicht angenehm sind (Kritik, Drogen, Spaß, innere Freiheit und solche Dinge), eine Chance hat, gewählt zu werden.
  • Verwaltung der Existenz. Die Gruppe hat das Vorrecht, zu entscheiden, wer das Recht, zu existieren hat, und wer nicht. Dies ist gewöhnlicherweise nicht buchstäblich, aber bedeutet, dass jene in der äußeren Welt "nicht errettet" sind, "unerleuchtet", "unbewußt" und dass sie zu der Ideologie der Gruppe konveritert gehören.
"Das Gewaltmonopol des Staates bezeichnet die ausschließlich staatlichen Organen vorbehaltene Legitimation, physische Gewalt auszuüben oder zu legitimieren." (Wikipedia) Und wenn sich mal wer die Reden angehört hat, die über den Demokratisierungsbedarf hier und da sprechen, wird der Zusammenhang augenfällig. Krieg als Erweckungserlebnis des Irak...

Zusammengefaßt könnte man sagen: Die Methoden, die die Gesellschaft Sekten vorwirft, sind ihre eigenen. Nur sind Sekten per Definition Böse, während die Gesellschaft gut ist.

Denkwürdig.

Donnerstag, 13. November 2008

WTF?

In Ton und Inhalt unterscheide sich die FDP in Sachen BKA-Gesetz nicht von der Linkspartei.

Gleich verbieten, die Liberalen... "Pünktchenpartei"... Als Assoziation fällt mir da ein:
Prügelei in der Grabeskirche

Immerhin Stimmung da...

Dienstag, 11. November 2008

Wortbruch

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,587862,00.html
Ein SPD-Pressesprecher wiegelt trotzdem ab: "Das wird nicht geschehen", sagt er SPIEGEL ONLINE. Walter habe zuvor zugesichert, sich am Dienstag, wenn über den Beschluss abgestimmt wird, der Parteimehrheit beugen zu wollen - sprich: den Koalitionsvertrag doch noch durchzuwinken.
Doppelmoral: Bei der bei Rechtsradikalen unbeliebten Ypsilanti wird von "Wortbruch" schwadroniert, wenn einer dieser Rechtsradikalen selber sein "Wort" "bricht" (man könnte auch sagen: "seinen Wahngedanken folgt", "lügt", "seinem Hirnschaden erliegt" und vieles mehr), wird dies allgemein bejubelt.

Dienstag, 4. November 2008

Einheitsmeinung Doppelmoral

Politik ist doch ganz einfach. Man erzählt einfach irgendeinen Scheiß, und dann tut man, was man will. z.B. kann man sich, wenn es um unliebsame weil faschistische oder faschistoide Entscheidungen geht, einfach auf die "Fraktionsdiziplin" berufen, sobald es darum geht, das Ekelpaket des Jahrhunderts in die Wüste zu jagen, wird etwas von "Gewissen" gebrabbelt.

Der Politiker und das Gewissen

Wie muß ein Gewissen beschaffen sein, dass es erlaubt, Koch im Amt zu lassen? Auf keinen Fall kann es mehr Inhalte haben als: "mir Macht", "mir mehr Macht" und "mir Geld". Ein solches Gewissen unterscheidet sich also von einem Arschloch nur dadurch, dass es im Kopf eines Politikers sitzt.

Welche Sorte Argument jemanden (oder dessen Gewissen) davon überzeugen könnte, eine große Koalition im Parlament, die eine "Rot-Grüne" Regierung (Hessen: Wir sehen Links, wo sie Rechts sehen!) kontrolliert, leuchtet mir nicht ein, und wurde auch nicht erklärt.

Achja, ich vergaß, die Köpfe gingen ja doch nach vorne auf, hinaus quoll beispielsweise folgendes:
Demokratie heißt, sich auch anders positionieren zu können, und dies offen und mit aller Konsequenz. Hessen hat eine gerechtere, eine sozialere, eine wirtschaftlich und ökologisch zukunftsfähige Politik verdient. [*schnüff*]
Danke, Frau Everts, für 4 weitere Jahre "gerechtere, sozialere, wirtschaftlich und ökologisch zukunftsfähige Politik" unter Schlauchbootlippe, inklusive neuer Startbahn und schwerbewaffneter, gewalttätiger und ungerechter Polizei. Danke, dass sie es nicht geschafft haben, die Situation einzuschätzen. Danke auch dafür, dass sie es geschafft haben, ihre Partei als ferngesteuerten, völlig instinktfreien Deppenverein dastehen zu lassen. Denken sie eigentlich, ich rede mir Jahrelang gegen Dumpfbacken den Mund fusselig und gehe auch noch für den letzten Deppen an die Urne, damit sie so tun könnten, als hätten sie ein Gewissen, bloß damit sie ihre 5 Minuten Ruhm abbekommen? Wann haben sie eigentlich zum letzten mal nachgedacht?

Der schöne Schein des dummen Seins

Die Geschichte erinnert an die von der "Antisemitismusentscheidung". Gehirn auskoppeln, das ist zu heftig. Die Geschichte lief irgendwie so: Der Bundestag will einen schrieb "gegen Antisemitismus" verfassen. (Warum? Könnte man fragen, tut man aber nicht. Stattdessen hetzt man einfach schwerbewaffnete faschistische Polizisten und demnächst auch Soldaten auf friedliche Demonstranten) Für diesen will nicht nur die absolute Mehrheit der Abgeordneten stimmen, sondern auch jene, die für die Linkspartei im Parlament sitzen. Dies ist der CSU ein Dorn im Anus. Daher zeichnet sich nicht ab, dass abgestimmt wird, weil...

Ja, warum eigentlich?

Eigentlich doch, weil die Linkspartei zufällig mit der CSU einer Meinung ist. Derart sind unsere Vorzeigedemokraten: Sobald einer ihrer Meinung ist, blockieren sie, damit nicht der Eindruck aufkommt, in der Politik würde sich irgendwas bewegen.

Die ganze Aktion dient nur der Profilierung von Leuten, die sich ihre Gesichter längst an den Darmwänden ihrer Chefs glattgerieben haben. Wenn man kein Turbofascho ist oder alternativ einfach das Gehirn abschaltet, ist man bei der CSU halt unten durch. Das Traurige ist, dass dieser Skandal nicht thematisiert wird.

Bestechlichkeit ok, Gewissen auch, solange es Bestechungen erlaubt

Einen dicken Brocken packt Helga Lopez aus:
Die hessische Bundestagsabgeordnete Helga Lopez erhob sogar indirekt den Verdacht einer Bestechlichkeit der vier Abweichler. "Ich hätte nicht erwartet, dass die mächtige Energiewirtschaft doch noch siegt", sagte sie der "Wetzlarer Neuen Zeitung". "Vielleicht stimmen die Silberlinge ja", wurde Lopez weiter zitiert.
Strenggenommen folgere ich daraus, dass die Bestechung schon innerhalb der SPD blatant offensichtlich ist. Das wäre jetzt der späteste Zeitpunkt für ein paar Hundert Parteiausschlüsse, aber dazu haben die Damen und Herren Koch-Groupies ja keine Zeit. Lieber diskutieren sie, wie sie den Status "Faschisten im Amt & Anschein der Demokratie" weiter beibehalten. Lieber schlechte Parteipolitik als sich dem Risiko auszusetzen, sich dem braunen Pöbel entgegenzustellen. Lieber Show als Inhalt. Lieber schlechtes Geschehen lassen als gutes Machen.

Den Schaden trägt das System der bundesdeutschen "Demokratie"

Ganz klar hat sich die Hessische SPD unwählbar gemacht, indem sie demonstriert hat, auch in aussichtsreicher Lage noch das Zeug zu besitzen, mal Kurz den Verstand auszuschalten, und irgendwas zu tun, bloß um die Katastrophe "Verantwortung" zu vermeiden.

Ein weiterer Schaden tritt auf: ein ganzer Haufen Bürger merkt einmal mehr, dass es überhaupt nichts bringt, sich von Betrügern und Sozialversagern dazu überreden zu lassen, eben jene zu "wählen", also der Wahl der Parteibonzen durch ein Kreuz einen Hauch von Demokratischem Anschein zu verleihen. Es wird auch immer deutlicher, dass die vorhandenen Parteien die insgesamt schlechtestmögliche Wahl sind. Wahrscheinlich könnte der Kassenwart des Karnickelzüchtervereins Fulda verantwortlichere Parlaments- und Regierungsverantwortung übernehmen als jeder einzelne Idiot, der da derzeit sitzt. Ok, vielleicht ist in kongolesischen Regierungsparteien doch noch ein bißchen weniger Vertrauenswürdigkeit zu suchen, aber weit davon entfernt ist dieses Pack nicht mehr.

Was wird denn, wenn dieses Modell auch im Bundestag Einzug hält? Die CDUSPDFDPGrüne erklärt sich zur einzigen wählbaren und regierungsfähigen Partei, und was dann? Kennen wir ja: alle anderen Parteien werden verboten, Leute verprügelt, außer Landes gejagt und ermordet, und die Bonzen stopfen sich die Taschen voll. Ach, das haben wir ja schon.

Montag, 13. Oktober 2008

In unserer Vertretung

...werden gerade 5800 € pro Nase dafür ausgegeben, dass sich das internationale Bonzentum noch ein wenig länger bereichern darf. 5800 € Steuergeld pro Nase werden in irgendwelche windigen Geschäfte investiert, wo sie nach einigen Umlenkungen in der Tasche eines Bonzen verschwinden. Und das alles unter dem Vorwand, "die Wirtschaft zu retten". Wer hält diese Leute eigentlich für kompetent?

Ergänzungen:

Die Bürgschaft und der Bezug zur Realität

Wie einige bemerkt haben: das Geld ist (noch) nicht weg. Noch nicht. Jedem "das ist nur eine Bürgschaft"-Deppen sei folgendes Gedankenexperiment nahegelegt:

Einer Bank werden beliebige Summen Steuergelder völlig ohne Konditionen versprochen, wenn sie "Pleite geht". Was wird passieren?

Ackermann

Der Spiegel drückt (vermutlich bezahlt) arg auf die Tränendrüse: Ach der arme Ackermann, jetzt hat er soviel geackert, Mann, und verzichtet auch noch auf die Hälfte seines Gehaltes, und wird immer noch Beschimpft. Was für Knalltüten da. Der Ackermann könnte auf 99% seines Gehaltes verzichten und wäre immer noch Stinkreich. Dass er das trotz des Nachweises seiner Inkompetenz nicht tut, ist eine Beleidigung jedes Mitbürgers. Der kann froh sein, dass er nicht gelyncht wird, und will immer noch dafür Bezahlt werden, dass er Geld bekommt, dass andere dafür bezahlt haben, dass er alles andere macht, als sich an ihrem Geld zu bereichern.

Kürzung der Managergehälter

In dieselbe Kloake gehen "Argumente", man könne die Managergehälter nicht reduzieren, weil, die wären ja Vertragsgebunden, und da könne nicht mal eine Regierung etwas gegen tun. Andersrum wird ein Schuh draus, ihr Deppen beim Spiegel: Wenn die Banken nicht den Verantwortlichen, die sie in die Pleite geritten haben, wenigstens fristlos Kündigen (wenn nicht gar sie wegen Untreue vor den Kadi bringen), sollten sie auf die "Hilfe" verzichten müssen. Da zu fordern, diese Arschlöcher sollten mehr als den Hartz-4-Satz verdienen dürfen, ist blanker (und vermutlich gekaufter) Zynismus.

Flexibilisierung der Bilanzierungsregeln

Manchmal kann man gar nicht so viel Essen, wie man kotzen möchte. Da sollen jetzt "Bilanzierungsregeln" "Flexibilisiert" werden.

Eine Bilanz ist eigentlich eine einfache Sache, strenggenommen eine Subtraktion: man nimmt die Einnahmen und zieht die Ausgaben ab. Das Ergebnis sollte, wenn möglich, in der Nähe der 0 liegen. In der Berechnungspraxis wird erwartet, dass ein Unternehmen selber kein Geld "hortet", also Überschuß entweder ausgezahlt oder angelegt wird. Also taucht auch "gespartes" als Ausgabe auf.

Für Abweichungen von diesen Regeln gibt es schon Worte. Eines davon lautet "kreative Buchführung", was ein abstoßender Euphemismus für die Umgehung der Regeln ist. Man kann mittels "kreativer Buchführung" bzw. "flexibilisierter Bilanzierungsregeln" in Windeseile Straftatbestände wie z.B. den des Betrugs verwirklichen.

Dieser Deutung soll mittels Legalisierung dieser Praktiken ein Riegel vorgeschoben werden. Also: wer davon redet, Bilanzierungsregeln flexibilisieren zu wollen, meint, er will Dinge, die andere Leute (unterstellterweise eine breite Mehrheit) als dubios bis verbrecherisch betrachten, vom bösen Verdacht der Strafbarkeit befreien. Er will, dass Bonzen (mehr als ohnehin schon) betrügen dürfen, und nichtmal die Justiz zu fürchten brauchen. Dies ist nicht in meinem Sinne. Dies ist nichtmal gerecht, und auch nicht legitim. Strenggenommen wählen wir eine Herrschaft, damit sie derartiges verhindert.

Derart sind die Entscheidungen, die angeblich in Vertretung des Volkes getroffen werden.

Mittwoch, 8. Oktober 2008

Gute Nachrichten

Gute Nachrichten:

Geldwichser suizidiert sich
Lehman-Brothers-Angestellter haut Chef in die Fresse
anderer Geldwichser tötet seine Familie vor seinem Suizid

2 down, a few thousand to go...

Irgendwie fehlt mir da in der ganzen Geschichte das Blut. Mal abwarten. Wie man die eigenen Kinder umbringen kann, weil man Pleite ist, ist mir nicht ganz klar, aber andererseits ist mir auch nicht klar, wie man überhaupt derartige Geldsummen ergaunern kann und nicht schon wegen der Schuld, die man da auf sich lädt, Suizid begehen. Also muß der wohl eh bekloppt gewesen sein.

Dienstag, 30. September 2008

Aristoteles und Demokratie

Aristoteles sah die Demokratie als unvollkommene Herrschaftsform an:
Von diesen (Regierungsformen) ist die beste das Königtum, die schlechteste die Timokratie. (...) Die Timokratie endlich geht in die Demokratie über; denn diese beiden grenzen aneinander. (...) Die Demokratie ist am wenigsten schlecht, weil sie sich nur wenig von der richtigen Staatsform der Timokratie entfernt.
Nikomachische Ethik, Buch 8, Kapitel 12

Auch der Gedanke, Demokratie sei nicht "die Beste" Regierungsform, sondern "die am wenigsten Schlechte" findet sich hier also schon. Dieser Absatz kann für die Übung des kritischen Quellenverständnis ("richtige Staatsform", "am wenigsten Schlecht" - Hat Aristoteles recht? Warum glauben wir das?) benutzt werden. Auch kann man Bezüge zwischen unserem heutigen und seinem Verständnis aufzeigen.

Etwas später bricht er eine Lanze für die Demokratie, die uns natürlich in unserem Renaissance-Verständnis von Lebenswirklichkeit als natürliche Schlußfolgerung erscheint.

Auch in der Tyrannis ist also Freundschaft und Recht nur wenig zu finden, in der Demokratie aber noch am meisten. Denn wo man sich gleich steht, hat man vieles gemeinsam.
Nikomachische Ethik, Buch 8, Kapitel 13

Wieder bietet sich kritisches Quellenstudium an: Ist "Recht" oder "Freundschaft" tatsächlich nur unter "gleichen" herstellbar? Was ist gemeint mit "gleich"?

Die Wikipedia unterstellt im übrigen Aristoteles eine Behauptung, die Regierungsformen würden sich in einem Kreislauf befinden:
Die Freiheit wiederum wird abwechselnd von den Staatsformen Monarchie, Oligarchie und Demokratie am besten gewährleistet. Jede dieser Staatsformen entartet und gleitet so in die nächste über. Die Monarchie entartet zur Tyrannis, diese geht in die Aristokratie über, diese entartet in der Oligarchie und aus dieser erhebt sich mit klaren Regeln die direkte Demokratie, welche dann in der Herrschaft des Pöbels, der Ochlokratie, untergeht, u.s.w. u.s.f.
Diese Deutung ist offenbar der regen Fantasie eines Autors entsprungen - Aristoteles sieht offenbar allerhöchstens Degeneration zur jeweils minderwertigeren Form:
Das Königtum geht in Tyrannis über, (...) Die Aristokratie aber geht in Oligarchie über (...) Die Timokratie endlich geht in die Demokratie über; denn diese beiden grenzen aneinander.
Nikomachische Ethik, Buch 8, Kapitel 12

Wobei man noch dazusagen muß, dass für mich nicht ersichtlich ist, wie Aristoteles den Übergang zwischen beispielsweise "Königtum/Tyrannis" und "Aristokratie/Oligarchie" erklärt.

Der Vergleich zwischen Wikipedia und Quelle enthüllt hier also erstaunliches. Dieses Beispiel nicht-Konsistent zu vermitteln, könnte den Respekt vor möglichen Fehldeutungen erhöhen helfen.

Überblick zu Aristoteles

Dienstag, 23. September 2008

Die nächste Renaissance - Doug Rushkoff über Demokratie

"Die nächste Renaissance" war Douglas Rushkoffs Grundsatzrede beim "Personal Democracy Forum 2008" ("Forum für persönliche Demokratie"), 23. und 24. Juni, New York.

DIE NÄCHSTE RENAISSANCE


Douglas Rushkoff


Deutsche Übersetzung und Bearbeitung: Bastiaan Zapf



Für mich ist "persönliche Demokratie" ein Oxymoron. Demokratie mag eine Menge Dinge sein, aber das letzte, was sie sein sollte, ist "persönlich". Ich verstehe "persönliche Verantwortung", wie bei einer Familie, die einen Eimer hat, in den sie jede Woche Glas und Metall tut. Aber selbst dann wäre ein einzelner Eimer für ein ganzes Gebäude oder einen Straßenzug effizienter und angemessener.

Demokratie ist nicht persönlich, denn wenn es dabei um irgendetwas geht, geht es nicht um das Individuum. Bei Demokratie geht es um die anderen. Es geht darum, das Selbst zu überwinden und kollektiv zu handeln. Demokratie, das sind Menschen, die gemeinsam Handeln, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen.

Einer der Essays im Tagungsband dieser Konferenz, der unter dem Titel "Rebooting Democracy" erscheint, bemerkt schnippisch: "Es ist das Netzwerk, du Depp!". Das kommt bei uns Digitalen gut an, aber es ist nicht wahr. Es ist überhaupt nicht das Netzwerk, es ist das Volk. Das Netzwerk ist das Werkzeug - das neue Medium, das uns dabei helfen kann, die Befangenheit unserer Massenmedien zu überwinden. Alle diese Technologien, die uns auf uns selbst als Individuen konzentriert und entfernt von unserer Realität als Kollektiv halten.

Diese Konzentration auf das Individuum und die falsche Gleichsetzung mit Demokratie begann damals in der Renaissance. Die Renaissance brachte uns wunderbare Innovationen wie perspektivische Malerei, wissenschaftliche Beobachtung und die Druckerpresse. Aber jede dieser Innovationen definierte und feierte die Individualität. Perspektivisches Malen feiert die Perspektive eines Individuums auf eine Szene. Die Wissenschaftliche Methode zeigte, wie die echten Beobachtungen eines Individuums rationales Denken voranbringt. Die Druckerpresse gab Individuen die Möglichkeit, allein zu lesen und nachzudenken. Individuen formten Perspektiven, machten Beobachtungen und formten Meinungen.

Unsere heutige Vorstellung von Individualität wurde eigentlich in der Renaissance geboren. Der Mann vom Vesuv [AdÜ: gemeint ist "der Vitruvianische Mensch"], da Vincis großartige Zeichnung eines Mannes in einem perfekten Quadrat und Kreis - unabhängig und selbstgenügsam. Dies ist das Ideal der Renaissance.

Es war die Geburt dieser denkenden, individuierten Person, die zum Ethos, das der Aufklärung zugrundelag, führte. Mit dem Selbstverständnis als Individuen begriffen wir uns plötzlich als Inhaber von Rechten. Menschenrechten. Dem Recht auf Eigentum, dem Recht auf persönliche Freiheit.

Die Aufklärung - bei all ihrer Großartigkeit - war immer noch ach so persönlich in ihrer Auffassung. Der Leser allein in seinem Studienzimmer, darüber nachdenkend, wie seine Stimme zählt. Ein Mann, eine Stimme. Wir kämpfen Revolutionen für unsere individuellen Rechte, wie wir sie verstanden haben. Es gab Handlungen der Masse, aber das waren Massen von Individuen, die jeweils für ihre persönlichen Freiheiten gekämpft haben.

Ironischerweise wuchs die Macht zentraler Autoritäten entsprechend mit jedem Schritt hin zur Individualität. Erinnert euch, die Renaissance hat uns auch zentralisierte Währungen gebracht, beurkundete Gesellschaften, Nationalstaaten. Als Individuen sich um ihre persönlichen Sachen kümmerten, hat sich ihre frühere Macht als Kollektiv zu den zentralen Autoritäten hin verschoben. Lokale Währungen, Investitionen und Bürgerinstitutionen lösen sich auf, während das Eigeninteresse wächst. Die Autorität, die ihnen zugeordnet wird, bewegt sich zum Zentrum, weg von all den abstimmenden Leuten.

Das Medium der Renaissance - die Druckerpresse - ist geradezu Grandios im Mythenmachen. Im Markenbilden. Ihre Geschichten werden Individuen erzählt, entweder durch Bücher oder durch verbreitete Medien, gerichtet an jeden Einzelnen von uns. Ihre Appelle richten sich an das Selbst und an das Eigeninteresse.

Beachte irgendeine Werbung für Blue Jeans. Ihre Zielgruppe ist nicht eine selbstsichere Person, die eine Freundin hat. Die Werbung kommuniziert "trag diese Jeans, und du wirst Sex haben". Wer ist das Ziel für diese Nachricht? Eine isolierte, entfremdete Person, die keinen Sex hat. Die Nachricht zielt auf das Individuum. Wenn es ein Massenmedium ist, zielt es auf viele, viele Individuen.

Bewegungen, wie auch Mythen und Marken, hängen ab von dieser Qualität der von-oben-nach-unten, der Renaissance-Medien. Sie sind gar nicht eigentlich kollektiv, dadurch, dass es keine Förderung der Interaktion zwischen den Leuten darin gibt. Stattdessen beziehen sich all diese Individuen auf den Helden, auf das Ideal oder die Mythologie an der Spitze. Bewegungen sind abstrakt - das müssen sie sein. Sie erheben sich über die Gruppe, alle Aufmerksamkeit auf sich lenkend.

Wenn ich mir anhöre, wie die Leute hier reden - wohlmeinende Progressive, daran zweifele ich nicht - kann ich nicht vermeiden, den romantischen, beinahe verzweifelten Wunsch herauszuhören, Teil einer Bewegung zu werden. Teil von etwas Berühmten zu werden, wie der Obama-Kampagne. Vielleicht sogar durch die Beziehungen, die wir hier herstellen, einen K-Street-Job [AdÜ: K-Street: Ort
der US-Amerikanischen Lobbyisten in der Hauptstadt Washington D.C.] zu bekommen. Das ist eine Fantasie, die von der TV-Serie "West Wing" verbreitet wird. Ein Mythos, an dem wir Anteil haben wollen. Aber wie mit jedem Mythos ist es eine Fantasie - und eine, die beinahe zur Gänze vom Individualismus der Renaissance vorgeformt wurde.

Die nächste Renaissance (wenn es eine gibt) - das Phänomen, über das wir hier reden, oder zumindest eines in dessen Nähe - handelt überhaupt nicht vom Individuum, sondern von der vernetzten Gruppe. Von der Möglichkeit zum kollektiven Handeln. Die Technologien, die wir Benutzen - die Befangenheit dieser Medien - überlassen zentrale Autorität dezentralisierten Gruppen. Statt Macht auf das Zentrum zu übertragen, tendieren sie dazu, Macht zu den Rändern zu bewegen. Statt Wert von der Mitte aus zu schaffen - wie eine zentral ausgegebene Währung - schafft das Netzwerk Wert von der Peripherie aus.

Das heißt, teilnahme bedeutet keine einfache Billigung eines abstrakten, schon geschriebenen Mythos, sondern echte Dinge zu tun. Kleine Handlungen auf echte Art und Weise zu vollbringen. Der Ruhm liegt nicht im Glaubenssystem oder der Bewegung, sondern im Tun. Es geht nicht darum, jemanden gewählt zu bekommen, es geht darum, die Hindernisse zu entfernen, die echten Leuten im Weg stehen, ihre Arbeit zu tun. Das ist die Gelegenheit der vernetzten, der Open-Source-Ära: sich aus den Mythen auszuklinken und tatsächlich etwas zu tun.

Traurigerweise tendieren wir dazu, die großartigen Möglichkeiten, die uns durch größere Umbrüche in den Medien geboten werden, zu verfehlen.

Die erste große Renaissance in den Medien, die Erfindung des Alphabets, bot einen enormen Fortschritt in der partizipatorischen Demokratie. Nur Priester konnten Hieroglyphen lesen und schreiben. Die Erfindung des Alphabets eröffnete Leuten die Möglichkeit selber zu lesen oder vielleicht sogar selber zu schreiben. Im Mythos der Thora geht Moses mit seinem Schwiegervater los, um die Gesetze zu schreiben, nach denen ein versklavtes Volk jetzt leben kann. Anstatt einfach eine Gesetzgebung und eine Regierung hinzunehemen - den Gott Pharaoh - konnten Leute das Gesetz so entwickeln und niederschreiben, wie sie es wollten. Sogar die Torah ist in Form eines Vertrags geschrieben, und Gott schafft die Welt mit einem Wort.

Zugriff auf Sprache war der Wechsel von einer Welt der blinden, versklavten Gehorsamen zu einer Zivilisation lesender und schreibender, literater Leute. (Das ist gemeint, als Gott Abraham sagt: "Ihr sollt mir ein Königreich von Priestern sein" - Es bedeutet, dass sie eine Nation der Leute seien, die die Hiergoglyphen, die "priesterliche Schrift", überwunden haben, um literat zu werden).

Aber das ist nicht passiert. Die Leute haben die Torah nicht gelesen - sie haben zugehört, als ihre Führer sie ihnen Vorgelesen haben. Zuhören war ein Schritt weg vom einfachen Gehorsam, aber das Versprechen des neuen Mediums wurde nicht eingelöst.

Genauso hat die Erfindung der Druckerpresse nicht zu einer Zivilisation der Schreiber geführt - sie hat eine Kultur der Leser entwickelt. Herren saßen und lasen Bücher, während die Druckerpressen denen zugänglich waren, die das Geld oder die Macht hatten, sie zu benutzen. Die Leute blieben einen Schritt hinter der Technologie zurück. Radio- und Fernsehrundfunk sind einfach nur eine Erweiterung der Druckerpresse: teure einer-an-viele Medien, die die massenhafte Verteilung von Geschichten und Ideen einer kleinen Elite fördern.

Computer und Netzwerke bieten uns endlich die Möglichkeit zu schreiben. Und wir schreiben mit ihnen. Jeder ist heute ein Blogger. Bürgerblogger und YouTuber, die daran glauben, dass wir jetzt eine neue, "persönliche" Demokratie angenommen hätten. Persönlich, weil wir sicher zuhause sitzen können und uns unseren Weg in die Freiheit tippen können.

Aber schreiben ist überhaupt nicht die Fähigkeit, die uns von diesen Werkzeugen angeboten wird. Die Fähigkeit ist Programmieren - was fast niemand von uns wirklich kann. Wir nutzen einfach die Programme, die für uns gemacht wurden, und geben unseren Blogtext in das passende Rechteck auf dem Bildschirm ein. Nichts gegen die Fortschritte von Bürgerbloggern und Journalisten, aber: große Sache. Lass sie Blogs fressen.

Zumindest auf der übertragenen Ebene ist die Gelegenheit nicht, über Politik zu schreiben oder - wahrscheinlicher - zu kommentieren, was jemand anderes über Politik gesagt hat. Die Gelegenheit ist jedoch, die Regeln umzuschreiben, nach denen Demokratie realisiert wird. Die Gelegenheit zu einer Renaissance durch Programmieren ist, den Prozeß, durch den Demokratie passiert, zu rekonfigurieren.

Wenn Obama tatsächlich gewählt wird - der erste wirklich Internet-befähigte Kandidat - sollten wir ihn beim Wort nehmen. Er bietet sich nicht selbst als Mittel des "Wechsels" [AdÜ: "Wechsel" - "Change" - ist Obamas Motto] an, sondern als Anwalt für den Wechsel, der von Leuten bewirkt werden könnte. Es geht nicht darum, dass die Regierung zum Beispiel Solarenergie schafft, sondern darum, dass sie den Leuten, die bereit sind, Solarenergie zu verwirklichen, nicht im Weg stehen soll. Auf den Willen der Leute, zu handeln, antwortend, kann er Gesetze entfernen, die im Namen der Ölindustrie Entwickelt wurden, um ihre Verbreitung zu verhindern.

In einer Ära, in der Leute die Möglichkeit haben, ihre Realität neu zu programmieren, ist die Aufgabe der Führer, diese Aktivität zu vereinfachen indem sie die Gesetze verbessern oder ihre Anstrengungen durch bessere Anreize oder den Zugriff auf die nötigen Werkzeuge und Kapital zu unterstüzen. Wechsel kommt nicht von der Spitze, sondern von der Peripherie. Nicht von einem Anführer oder einem Mythos, der Leute inspiriert, ihm zuzustimmen, sondern von Leuten, die zusammen daran arbeiten, ihn zu manifestieren.

Open-Source-Demokratie - ich habe vor zehn Jahren darüber geschrieben - ist nicht einfach ein Weg, Kandidaten ins Amt zu wählen. Es ist eine kollektive Reprogrammierung der sozialen Software, ein Loslösen von den Mythen, durch die wir von Verantwortung zurücktreten, und eine Reklamation unserer Rolle als Bürger, die an der Schöpfung der Gesellschaft teilhaben, in der wir leben wollen.

Dies ist ganz und gar nicht unsere persönliche Demokratie, sondern eine kollektive und partizipatorische Demokratie, in der wir endlich unsere Rollen als die vollständig literaten und engagierten Erwachsenen annehmen, die dies in die Tat umsetzen können.

Zum Original

Danke fürs Lektorat: Acolina, a7p

Demokratietheorie im Unterricht

Wir leben ja in einer freiheitlich-Demokratischen Grundordnung, da wird natürlich auch im Unterricht über die Prinzipien gesprochen, die unseren Staat so ausmachen. Die Widersprüche kann man ja einfach weglassen.

Beispielsweise kann man von realisierter Gewaltenteilung und indirekter Demokratie reden, ohne zu kommentieren, dass die Regierung (Exekutive) sich aus der Legislative selbst wählt. Das heißt, dass das Parlament niemals wird die Regierung kontrollieren können - die Regierung genießt ja die Unterstützung der Parlamentsmehrheit.

Beispielsweise kann man von Rechtsstaatlichkeit reden, ohne das Stille-Schneckenpost-Prinzip der Justiz zu erwähnen. Was es mit Rechtsstaatlichkeit zu tun hat, aus dem Besitz von möglicherweise ungewöhnlichen, jedoch absolut unverdächtigen Chemikalien ein hinreichendes Verdachtsmoment für eine Hausdurchsuchung zu konstruieren, konnte mir jedenfalls noch keiner erklären.

Beispielsweise kann man auch den Mythos vom aufrechten Berufspolitiker stilisieren, ohne überhaupt nur am Rande auf die Verfehlungen der Schröders, Strauße, Kohls, und wie sie alle heißen, einzugehen.

Zusammengenommen kann ich also sagen: der Unterricht, den ich da "genossen" habe, war zwar eine hervorragende Lektion in Idealismus, hatte aber mit der Realität nicht viel zu tun. Strenggenommen halte ich im Nachhinein diese Inhalte für Beleidigend gegenüber meiner Erkenntnisfähigkeit.

Samstag, 9. August 2008

Wie in Deutschland Korruptionsaffären aufgeklärt werden

Hans Herbert von Arnim hat in der "Deutschlandakte" auf eine Seltsamkeit im Zusammenhang mit der Schreiber-Affäre hingewiesen. Es geht dabei um einen Staatsanwalt namens Jörg Hillinger.
Einiges Material dazu:

http://blogs.taz.de/schroederkalender/2007/02/13/kriminaltango-1/
http://blogs.taz.de/schroederkalender/2007/02/14/kriminaltango-2/
Offensichtlich versuchte Hillinger das Fahrzeug wieder unter Kontrolle zu bekommen, was nicht gelang. Er geriet auf die linke Straßenseite und stieß frontal mit einem Sechsundzwanzig-Tonnen-Lkw zusammen. Der Staatsanwalt wurde im Wrack seines Wagens eingeklemmt und war sofort tot. Die Ursache für Hillingers Tod bleibt ein Rätsel, denn die Obduktion der Leiche ergab, daß er keinen Herzanfall erlitten hatte und nicht eingeschlafen war. Spezialisten der Spurensicherung des Bayerischen Landeskriminalamtes untersuchten das Wrack und stellten keine Manipulation fest. Allerdings lag dieses Ergebnis ein bißchen schneller vor, als die Polizei erlaubt.
http://www.mein-parteibuch.com/wiki/J%C3%B6rg_Hillinger
(...) kam Jörg Hillinger bei einem mysteriösen Verkehrsunfall ums Leben, der auf einen Ventilabriss im Motor zurückzuführen sein soll.
Ein Kolbenfresser (der nach einem Ventilabriß passieren müßte, damit dieser den beobachteten Unfall erklären könnte) läßt sich durch auskuppeln unter Kontrolle bringen - was man aber in dem Augenblick möglicherweise nicht schafft. Mein Vater hat sowas mal an einem Motorrad gehabt - und unverletzt überstanden.

Die Akten zu diesem Unfall sind angeblich nicht einsehbar.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,127714,00.html
Der Käufer des Unfallautos habe im November vergangenen Jahres bei der Staatsanwaltschaft Augsburg gemeldet, dass an dem von ihm reparierten Wagen unvermittelt Bremsprobleme aufgetaucht seien.
Na, dann auch noch Bremsprobleme? Das eigentümliche ist ja, dass ein Ventilbruch unmittelbar wahrnehmbar ist und auch kaum durch einen Unfall verwischt wird. Man kann ein Foto davon machen und in eine Akte legen. Und man kann das Foto dann veröffentlichen, um Zweifeler zum schweigen zu bringen. Ist das Ventil dann angesägt oder angefeilt, sieht man das.

Andererseits muß man für eine solche Operation auch den Motor auseinandernehmen. Aber Hillinger hat das Auto erst kurz vor seinem Tod gekauft. Seltsam, seltsam.

Freitag, 8. August 2008

Stasi was?

Eigentlich ist es ja schon merkwürdig: der einzige, der in der aktuellen Debatte überhaupt irgendwelchen Sachverstand hat, wenn es um die Frage geht, wie es sich in einem Überwachungsstaat lebt, wird angepöbelt, weil er den hat.

Und, die Politik und das Programm der Linken sind ja nun nicht gerade davon gekennzeichnet, einen Überwachungsstaat zu befürworten. Da ist also ein inhaltlicher Widerspruch. Aber selbstverständlich geht es nicht darum, es geht darum, dass der Herr Gysi einem verbrecherischen System gedient hat.

Was natürlich kein Wessipolitiker jemals tun würde.

*hust*

Eine Chance für die Demokratie

Die Ypsilanti und der Koch haben nur Quark im Kopf.

Diese Situation ist ja einmalig in der Nachkriegsgeschichte der BRD. Zum ersten mal sind Exekutive und Legislative wirklich unabhängig voneinander. Auf Deutsch gesagt, ist Hessen also das einzige Bundesland, in dem überhaupt jemals Gewaltenteilung geherrscht hat.

Die Regierung kann also Regieren, und diese Tätigkeit kann im Parlament Diskutiert werden. Was ja eigentlich der Sinn eines Parlamentes wäre. Fehlanzeige aber, man versteift sich lieber darauf, die Gewaltenteilung wieder aufheben zu wollen, koste es was es wolle - selbst die Gefahr eines Wahlsieges von Eiterbeule wird in Kauf genommen.

Widerwärtig. Wer hat die eigentlich gewählt?

Montag, 28. Juli 2008

Was ist ein Regierungspräsidium?

Aus aktuellem Anlaß:

http://www.ftd.de/politik/deutschland/:Marburger_Experiment_Beh%F6rde_will_Solardachpflicht_kippen/391248.html

"Wir haben die Absicht, die solare Bausatzung zu beanstanden. Das haben wir der Stadt Marburg bereits angekündigt. (...)", sagte ein Sprecher des Regierungspräsidiums am Montag in Gießen. Bei einer Beanstandung gilt die Satzung als aufgehoben. Die Stadt kann in diesem Fall vor Hessens Verwaltungsgerichtshof klagen.

Auf der Website des Regierungspräsidiums findet man mit dem Suchbegriff "Solar" übrigens keinen Treffer dazu.

Was ist ein Regierungspräsidium?

Ich habe keine Ahnung. Ich habe nie einen "Regierungspräsidenten" gewählt, weiß nicht, was er tut, noch habe ich meine Zustimmung gegeben, dass einer bestimmt wird.

Ich nehme an, das funktioniert ungefähr so: Die Regierung bestimmt einen "Regierungspräsidenten" und der sein Gefolge. Die Baggage darf dann völlig unkontrolliert die Arbeit der Regierung machen, damit sich der Herr (zZt - man kann es gar nicht oft genug sagen - "amtsführende") Ministerpräsident keine Mühe zu machen braucht. Abwählen kann die Vögel ja keiner, da ist es eh besser, wenn die Definitionshoheit über Worte wie "Freiheit", "Armut" und "Gerechtigkeit" da bleibt.

Überrascht sicherlich keinen, dass eine derart als Bonzenvertretung geplante Behörde dann auch eine bonzenfreundliche Entscheidung trifft, und darauf entscheidet, dass 1000€ Strafe für hochgradig Vermögende, die viel mehr davon haben, einen Anteil von Öl- und Energiekosten einzubehalten, als davon, ihren Kunden Autarkie zu verkaufen, zuviel ist, und dass die armen, armen Bauherren mit ihrern Hunderttausende € schweren Portemonnaies auf keinen Fall in ihrer Freiheit, Öl- Gas- und Atomkonzerne mit riesigen Summen zu beliefern, behindert werden dürfen.

Na sicher.

Alle entsorgen. Jetzt.

Haha

Aus der taz:
Der hessische CDU-Generalsekretär Michael Boddenberg kritisierte am Wochenende erneut die "Wahlbetrügerin" Ypsilanti: "Wer glaubt, dass die Linkspartei verlässlich ist, der glaubt auch, dass Zitronenfalter Zitronen falten."
er greift damit einen DDR-Witz auf:
Anfrage an Radio Eriwan: "Kann ein sozialistischer Leiter sozialistisch leiten?" Antwort: "Im Prinzip ja, aber kann ein Zitronenfalter Zitronen falten?" (nach www.humor.li)
Was mir das sagen soll, weiß ich nicht.

Dienstag, 1. Juli 2008

Demokratie und Krieg

Cragie Champion weist auf in seinem Vergleich der Antiken und der Modernen Begriffe auf Defizite im modernen Verständnis hin:
  • “People-Power” is to be Diffused, Buffered, Tamed (Wood)
  • Hostile Western Political Tradition, from Plato to Hamilton, a Response to a Negative Typology of Democracy (Created by Elites), not to Historical Realities in Classical Athens
  • “The concept of democracy has now become wonderfully elastic, permitting liberals to confine it to parliamentary representation and civil liberties, or perhaps even to the ‘alternation of elites’…, leaving intact the gross disparities of class power, while neoliberals and conservatives can identify it with the market. What all these flexible definitions of democracy have in common is the eclipse of its literal meaning.” (Wood: 66)
Und erkennt das Athener Imperium als Grundlage der dortigen Politischen Prozesse - die Ruderer hatten durch ihre große Zahl eine große Macht und damit Zugriff auf die großen Geldtöpfe, z.B. um über ihren Lohn zu bestimmen. Ähnliches läuft ja zur Zeit in Amerika ab - Kriegsgewinne werden privatisiert. Bloß dort nicht Graswurzeltechnisch, sondern Großindustriell.

Bei Champion bin ich auch auf ein schönes Zitat von Aristoteles gestoßen:
But should one have as many good friends as possible? or is there a limit of size for a circle of friends, as there is for the population of a state? Ten people would not make a city, and with a hundred thousand it is a city no longer; though perhaps the proper size is not one particular number, but any number between certain limits.
dem ich mich nur anschließen kann.

Dienstag, 24. Juni 2008

Linguistik und die Politik

George Lakoff hat einige sehr aufregende Thesen zur aktuellen Politik, bzw. hat diese vor einigen Jahren verbreitet. (Englisch)

"War on Terror" und andere Catchphrases

Wie Konservative Sprache benutzen

Ich möchte das Abgrenzen von der Sapir-Whorf-These, da in diesem Fall der Diskurs auf die Realität zurückwirkt. Bei Sapir-Whorf ging es um grundsätzliche Realismuskritik.

Das ist meines Erachtens das erste Mal, dass ein Linguist tatsächlich etwas vernünftiges sagt.

Das Grundlegende Argument ist, dass die Debatte über ein Thema anhand ihrer Begriffe "geformt" ("framed") wird. Beispielsweise:

If you then add the word "voter" in front of "revolt," you get a metaphorical meaning saying that the voters are the oppressed people, the governor is the oppressive ruler, that they have ousted him and this is a good thing and all things are good now. All of that comes up when you see a headline like "voter revolt" - something that most people read and never notice. But these things can be affected by reporters and very often, by the campaign people themselves.
Wenn Sie dann das Wort "Wähler" vor "Aufstand" schreiben, bekommen Sie eine metaphorische Bedeutung, die sagt, dass die Wähler das unterdrückte Volk sind, der Gouverneur ist der repressive Herrscher, dass sie ihn ausgebootet haben und dass das auch gut so ist [adÜ:Wowereits "ich bin Schwul und das ist auch gut so" wurde übersetzt als "I'm gay, and that is a good thing" - in diesem Zusammenhang bemerkenswert, wie krass das Deutsche "das ist auch gut so" paßt!] ist und dass jetzt alles gut ist. Alles davon kommt hoch, wenn sie eine Schlagzeile mit "Wähleraufstand" sehen - etwas, was viele Leute lesen und nie bemerken. Aber diese Dinge können von Reportern beeinflußt werden, und sehr häufig von den "campaign people" selber.

Eine Abgrenzung ist auch gegenüber der "subliminalen Beeinflussung" zu sehen: es geht hier nicht um simplen Behaviorismus und auch nicht um Plumpe werbung. Wir reden hier erstmal über echte Unterschiede im Ausdruck zwischen verschiedenen Entitäten, die vielleicht quantifizierbar sind!

Wie redet denn zum Beispiel Kurt Beck über seine Partei?

Wie wird denn zB und von wem wie über die SPD gesprochen?

Google News Deutschland: "Beck Schlingerkurs"

Welt, Faz, FTD, Die Zeit und das ND (wtf?)

Google News Deutschland: "Beck Zickzack"

Eher unauffällig.

Gegenprobe...

Google News Deutschland: "Beck Sozial"

Der Anblick, der mir da gerade entgegenschlägt, ist unglaublich, das muß ich in einem Screenshot verewigen:


Nochmal zitiert:
Beck versus Stalin – wem gehört die soziale Idee
WELT ONLINE -
23. Juni 2008
Das ist ja schon Realsatire... Aber das nur am Rande

Ansonsten: Bad Kreuznacher Anzeiger, Süddeutsche und Schwäbische (!), aber auch nochmal die Welt - interessanterweise mit einem Bericht über einen eher rechten SPDler unter dem Titel "Klaus von Dohnanyi – Großbürger und Querkopf" - also...

Es geht weiter:

Google News Query: "Beck Macht"

Interessanterweise kaum ein Artikel, der von der macht Becks als solcher Handelt, nur Dinger wie: Beck macht sich keine Sorgen, Geschlossen vor dem Sommerloch, SPD-Kandidatin macht Avancen nach Links - je nach Neigung wieder von einschlägigen Medien. Na wenn das mal nicht ein erstklassiges Beispiel ist.

Die Begriffe habe ich hier übrigens natürlich voreingenommen ausgewählt. Ich empfehle, für die feinsinnigeren, weiterhin derart zu Suchen: "merkel entschlossen" "beck entschlossen" und auf die kleinen, aber feinen Unterschiede zu achten. Frage: kann man diese unterschiede Quantifizieren? Wäre eine Art fortgeschrittenes "Googlewar" möglich?

Noch ein Tip (danke, Albrecht): "SPD Solidargemeinschaft", "CDU Solidargemeinschaft" - bei mir waren eben 2 von 4 Treffern gleich.

Und, noch eine Anmerkung: die politische Meinungsbildung findet ja fast nur noch über Massenmedien statt.

Also, Beweisführung Abgeschlossen, Lakoff hat Recht, die habens einfach nicht drauf.

Und wieder ein bißchen mehr verstanden...

Dienstag, 17. Juni 2008

Polizeigewalt

Noch mal ein kleiner Diskurs über Polizeigewalt, weil sie mir schlicht auf den Nerv geht. Ewiger Stein des Anstoßes ist bei mir ja der Fall Daschner, bei dem auf eklatante Art und Weise vorgeführt wurde, wie sich die Mächtigen die Regeln so beugen, dass es für sie am vorteilhaftesten ist.

Leute, die ich kenne, bezeichnen Polizeigewalt als alltäglich. Ein Grund für mich, mal speziell danach zu googlen. Und was ich da so finde, kotzt mich an.

In dem Artikel geht es auch um Polizeigewalt gegen Einwanderer. Bei denen ja einiges auf dem Spiel steht. Wenn die Polizei so reagiert wie üblich, wird dann nämlich ganz schnell eine Verleumdung draus, und dann ist der Einwanderer seine Einwanderung los.

Die logische Folge daraus wäre, die Regel zu ändern. Wer sich anständig benimmt, und dazu gehört eben auch, so es denn berechtigt ist, Polizisten anzuzeigen, gewinnt dafür an Bürgerrechten - also macht aus einem illegalen Aufenthalt einen legalen, oder aus einem vorläufigen einen endgültigen. Ich persönlich denke, aufrechte Neubürger sind mehr Wert als duckmäuserische Altbürger.

"Gleiches Recht für alle" gilt auch für Polizisten. Wer wacht über die Wächter? Zur Zeit wohl keiner, wie es aussieht. Welch eine Überraschung.

Samstag, 14. Juni 2008

Referendum nicht genehmigt

So weit ist es schon... Das einzige Referendum innerhalb der EU über den "Vertrag" von Lissabon ergibt ein Nein. Der Vertrag soll nur in Kraft treten, wenn alle Länder ihn ratifiziert haben, daher bedeutet das das "Aus" für den Vertrag. Die Bürger in anderen EU-Ländern hätten vermutlich ähnlich abgestimmt. Damit steht die Legitimation des ganzen Vorgangs ohnehin in Zweifel.

Nun gut, sagen Politiker, Politikaffine und Hirnlose, das läge daran: das Volk ist dumm und weiß nicht, was gut für es ist, es kann die komplexen Zusammenhänge nicht verstehen und überhaupt fragt man es besser gar nicht, sondern tut ihm gutes und redet nicht darüber.

Es wird also schlicht eine Sau durchs Dorf getrieben. Die Politik hat verpaßt, auf die Sorgen der Bürger zu reagieren und sich zu erklären. Weil Politiker dumm und arrogant sind, und auf keinen Fall über ihre wahren Motive reden können, die sind ja bekannterweise Widerwärtig. An dieser Stelle bin ich gerne bereit, mich vom Gegenteil überzeugen zu lassen.

Man möge mir erklären, wozu dieser Vertrag gut sein soll. Man erkläre mir doch mal, was daran gut sein soll, dass ihr der Wirtschaft nach dem Maul redet, den totalen Polizeistaat einführen wollt und warum die Solidarität der Politikbonzen einzig und allein den Kreditgebern gilt. Alles andere ist Heuchelei. Und mit Demokratie hat es überhaupt gar nichts zu tun.

Was ich brauche ist nicht ein größerer, stärkerer Staat. Ich brauche Frieden und Wohlstand. Staat ist mir völlig egal, solange er sich aus meinen Angelegenheiten raushält, und da mache ich sowohl bei der EU als auch bei der BRD erschreckende Defizite aus.

Donnerstag, 12. Juni 2008

Direkter Widerspruch muß nicht zu Erkenntnis führen

Artikel 59 der Hessischen Landesverfassung:
In allen öffentlichen Grund-, Mittel-, höheren und Hochschulen ist der Unterricht unentgeltlich. (...) Es kann anordnen, daß ein angemessenes Schulgeld zu zahlen ist, wenn die wirtschaftliche Lage des Schülers, seiner Eltern oder der sonst Unterhaltspflichtigen es gestattet.
In Hessen gibt es (noch) allgemeine Studiengebühren.

Was Juristen dazu sagen:
Die Studiengebühren in Hessen widersprechen nicht der Verfassung des Bundeslandes.
Was soll man dazu sagen? "Helau"?

Vielleicht Kritisieren, dass der Nachfolger von "Schlauchbootlippe" - oder vielleicht auch er selber - sich dann in der nächsten Regierung Studiengebühren wieder einführen wird ("muß" - "Sachzwang"), bloß diesmal völlig ohne Möglichkeit zur Kritik? Dann vielleicht auch gleich in anständigen Größenordnungen? Hätte den Vorteil, dass dann auch der ganze Pöbel von der Uni wegbleibt, wo kommen wir denn da hin... Bilden unsere eigenen Kritiker aus... Die paar die übrig bleiben, können froh sein, dass sie überhaupt noch den Bachelor machen dürfen und nicht nur Zahlen und keine Gegenleistung bekommen.

Ein befreundeter Jurist würde jetzt das Urteil studieren, und zu dem Schluss kommen, dass das erstens alles mit rechten Dingen zugegangen ist (Hitler wurde ja im übrigen auch legal gewählt) und könnte mir sicher erklären, welcher Passus des (vermutlich ca. 200-seitigen - keine Ahnung, ich habs noch nicht gelesen, Juristen können anscheinend keine Links setzen) Urteils jetzt genau erklärt, wie man aus "Verboten" und "trotzdem Vorhanden" "Erlaubt" macht - eine Operation im Übrigen, die von denselben Juristen regelmäßig für weitaus weniger dramatische Vorgänge als die Erhebung von 1000 Euro Studiumssteuer im Jahr, die dann noch nicht mal den Universitäten zugute kommen, als völlig unmöglich abgelehnt wird.

Ich persönlich komme zu dem Schluß, dass Gesetze überbewertet werden. Da braucht man weder Parlamente, noch hundertfünfzigtausendköpfiges Heer von Anwälten, noch Richter, noch irgendwelche Verfassungen, Gesetzesblätter, Prozessordnungen oder sonstwelchen Juristen-Scheiß. Da braucht man einzig und allein eine Schlauchbootlippe. Und wer diesen Job nun macht, ist doch echt Scheißegal. Die das wollen, sehen doch eh alle gleich aus.

Die Scheiß-Juristen sollen mal nicht so tun als hätten sie jemals was anderes gemacht, als ehrliche und weniger ehrliche Leute erpreßt, dabei gut verdient, und dem Machtanspruch der Herrschaft einen Anschein von Anstand zu geben.

Die sollen bitte sterben gehen. Wenns geht, gleich.

Leibesvisitation

Ich kann nicht schlafen.

Einer der Gründe dafür:

Ausziehen, umdrehen, Klappe halten!

"Die Musik ging aus, das Licht an und Polizisten stürmten mit Schlagstöcken und Schutzschildern bewaffnet in den Raum"

(...)

bis zu vier Stunden durften sich einige Gäste dabei nicht vom Fleck bewegen

(...)

So wurden alle Diskobesucher nicht nur mit einer Nummer vor der Brust fotografiert, sondern sie mussten zunächst an einem Drogenspürhund vorbei und auch nachdem dieser nichts gefunden hatte, sich zu einer weiteren Untersuchung in einen Bus begeben, sich dort komplett ausziehen und sämtliche Körperöffnungen untersuchen lassen. Einige weibliche Gäste mussten demnach sogar ihren Tampon entfernen.

(...)

Spricht man mit Juristen über diesen Fall und bittet um eine Einschätzung, dann hört man zunächst: "Das kommt darauf an".

Prognosen:

  • Konsequenzen für die Opfer: 10% der Gäste werden ohne Angabe von Gründen ihre Anstellung als Lohnsklave und damit ihre Existenz verlieren, sie haben sich nämlich durch Anwesenheit wegen einer Drogenrazzia höchst verdächtig gemacht.
  • Die tatsächlichen Ziele der Operation, die 31 "Drogendelikte" (davon 30: Besitz einer gerade so nachweisbaren Menge Marihuana oder MDMA) werden unter unwürdigsten Bedingungen erst ihrer Freiheit und danach ihrer Existenz beraubt.
  • Konsequenzen für die Täter (250 von der Leine gelassene faschistische Polizisten): keine
Erfahrungsberichte von Betroffenen

Sonntag, 8. Juni 2008

Ein offener Brief an Dr. Jürgen Kaestner, Bibliothekar (?) des Hessischen Landtages

Sehr geehrter Herr Kaestner,

ich habe soeben versucht, dem "Formfehler", den Roland Koch am Gesetzesentwurf zur Abschaffung der Studiengebühren bemängeln zu müssen meinte, auf die schliche zu kommen. Hintergrund ist meine Vermutung, es handele sich bei dem Formfehler um ein verrutschtes Komma und bei Roland Koch um einen waschechten Antidemokraten.

Leider hat anscheinend bislang keine einzige Zeitung die Mühe auf sich genommen, diesen Formfehler aufzuspüren und zu erklären. Dies wäre jedoch für mich von Interesse, da ich überwiegend primäre Inhalte deuten mag und mich nicht auf die Meinung von Journalisten verlassen will.

Zur Sache:

Die "Parlamentsdatenbank" auf der Website des Landtages:

http://starweb.hessen.de/starweb/LIS/servlet.starweb

Bewegt sich am Rande der Unnutzbarkeit.

Ständig und ohne Sinn und Verstand werden neue Fenster geöffnet, die relativ häufig Fehlermeldungen ("Session Expired", "keine Originaldokumente gefunden" und ähnliche) enthalten.

Mir ist es jetzt auch nach mehrminütiger Beschäftigung mit diesem System nicht gelungen, den entsprechenden Vorschlag vor die Augen zu bekommen. Nur als Probe für die Benutzbarkeit dieses Systems sei der folgende Dialog wiedergegeben:

1. Eingabe des Stichworts "Studiengebühren" in eine Suchmaske. Versehentlich auf den Knopf rechts daneben mit der Aufschrift "Index" geklickt, gesehen, dass der Inhalt des neu geöffneten Fensters nicht meiner Anfrage entspricht, enter gedrückt.

Antwort (im Original besser lesbar):

***
Druck-
sache Dokumenttyp/
Vorgangstyp Betreff/
Initiator PIenar-
protokoll
17/15
Drucksache/
Gesetzentwurf

Gesetz zur Sicherstellung von Chancengleichheit an hessischen Ho ...
Fraktion der SPD; Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17/2; 17/9
17/16
Drucksache/
Gesetzentwurf

Gesetz zur Abschaffung der Studiengebühren an den Hochschulen de ...
Fraktion DIE LINKE 17/2; 17/9
17/32
Drucksache/
Dringlicher Gesetzentwurf

Gesetz zur Stärkung der Finanzautonomie der hessischen Hochschul ...
Fraktion der FDP 17/2; 17/9
17/174
Drucksache/
Dringlicher Berichtsantrag

für das Parlament nötige Informationen zur Gegenfinanzierung der ...
Sorge, Sarah, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN u.a. und Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
17/177
Drucksache/
Antrag Aktuelle Stunde

Aktuelle Stunde (Kein Hamburger Studiengebührenmodell für Hessen ...
Fraktion der SPD 17/8
17/304
Drucksache/
Änderungsantrag zu Gesetzentwurf

Gesetz zur Sicherstellung von Chancengleichheit an hessischen Ho ...
Fraktion der SPD; Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 17/9
17/311
Drucksache/
Dringlicher Entschließungsantrag

Langzeitstudienbeiträge müssen beibehalten werden ...
Fraktion der CDU; Fraktion der FDP 17/9

Plenarsitzung/


Kurzintervention des Abg. Blum zur Rede der Abg. Sorge im Rahmen ...
17/2
****

Der erste Link ("Gesetz zur Sicherstellung...") scheint die gewünschten Informationen zu enthalten.

2. Klick auf diesen Link. Antwort:

****
- Gesetz zur Sicherstellung von Chancengleichheit an hessischen
Hochschulen
Änderung des Studienbeitragsgesetzes (HStubeiG, Art. 1): Erhebung der
Studiengebühren bzw. Studienbeiträge letztmalig für das
Sommersemester 2008, Außerkrafttreten des Studienbeitragsgesetzes zum
31.12.2008; Änderung des Studienguthabengesetzes (Art. 2): Ersetzen
der Zahl "2009" durch "2008"; Änderung des Hochschulgesetzes (Art.
3): Neufassung von § 68 Abs. 4: u.a. Zielvereinbarungen über den
Studienverlauf zwischen Hochschule und Studierenden, Überprüfung der
Leistungsnachweise, Regelungen zur Exmatrikulation; Gesetz zur
Qualitätsverbesserung in Studium und Lehre an Hessens Hochschulen
(Art. 4): zweckgebundene Verwendung von Leistungen nach diesem
Gesetz; Übergangsbestimmung (Art. 5): Rückerstattung der bereits im
Wintersemester 2008/2009 gezahlten Studienbeiträge
GesEntw Fraktion der SPD; Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
04.04.2008 Drs 17/15
hierzu ÄndAntr Drs 17/259, 17/304
1. Beratung: PlPr 17/2 09.04.2008
2. Beratung: PlPr 17/9 03.06.2008
Gesetz beschlossen
Ausschussberatungen:
WKA 17/1 09.04.2008 S.3-5
17/2 19.05.2008 (ö) S.4-77
17/4 28.05.2008
BeschlEmpf Drs 17/271 28.05.2008
Beschluss: Annahme in Art. 1, 2 und 4 bis 6 unter
Berücksichtigung des ÄnAntr Drs 17/259
HHA 17/1 09.04.2008 S.3-5
17/3 19.05.2008 (ö) S.4-77
17/5 28.05.2008
Annahme Art. 1,2,4,5,6 unter Berücksichtigung des ÄndAntr Drs
17/259; Ablehnung Art. 3
Ausschussvorlagen:
WKA 17/1, HHA 17/1 (Teil 1-5)
Anhörungen:
schriftliche Anhörung
öffentliche Anhörung WKA 19.05.2008 17/2
HHA 19.05.2008 17/3
schriftl. Stellungnahmen WKA 17/1 Teil 1
HHA 17/1 Teil 1
WKA 17/1 Teil 2
HHA 17/1 Teil 2
WKA 17/1 Teil 3
HHA 17/1 Teil 3
WKA 17/1 Teil 4
HHA 17/1 Teil 4
WKA 17/1 Teil 5
HHA 17/1 Teil 5
Redner:
Siebel, Michael, SPD (PlPr 17/2 S.61-64)
Wissler, Janine, DIE LINKE (PlPr 17/2 S.64-65)
Beer, Nicola, FDP (PlPr 17/2 S.65-68, 76)
Kühne-Hörmann, Eva, CDU (PlPr 17/2 S.68-70)
Sorge, Sarah, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (PlPr 17/2 S.70-72)
als Abgeordnete
Lautenschläger, Silke, CDU (PlPr 17/2 S.72-75)
Kaufmann, Frank-Peter, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (PlPr 17/2 S.75)
Grumbach, Gernot, SPD (PlPr 17/2 S.75-76)
****

Erstens wird Roland Koch nicht erwähnt. Ich habe keine Ahnung, ob das darauf zurückgeht, dass seine Ablehnung des Gesetzes hier aus formalen Gründen nicht erscheint, ob sie sich hinter einer der vielen, vielen, unverständlichen Abkürzungen (HHA? WKA?) verbirgt, oder ob es schlicht um einen völlig anderen Antrag geht.

Zweitens: klicks auf einzelne, verlinkte stellen öffnen wiederum neue Fenster, in denen PDF-Dokumente in uneinheitlichem, teils das Auge beleidigendem Schriftbild und mit größtenteils unverständlichem und ansonsten unnötigen Inhalt erscheinen. Ich bin beispielsweise NICHT daran interessiert, wie die Stellungnahme des AStA der Uni Marburg wörtlich lautet, sondern ich bin daran interessiert, wie der angebliche Formfehler in dem Gesetz aussieht.

Drittens: Das Plenarprotokoll "17/9" - anscheinend das neueste, wobei mir persönlich unklar ist, was "17/9" heißt - vermutlich die 9. Sitzung der 17. Legislatur, oder auch umgekehrt, ist auch völlig egal, was mich interessieren würde wäre z.B. das Datum dieser Sitzung - kann nicht abgerufen werden. Die Meldung, wiederum in einem neuen Fenster, lautet:

****
PlenarProtokoll 17/9 :

(Keine Originaldokumente vorhanden.)
****

Dass es eine kindische Unsitte ist, zusammengesetzte Substantive mit innliegenden Großbuchstaben zu schreiben, dass seit mehreren hundert Jahren in der Deutschen Schriftsprache die Regel gilt, dass das Leerzeichen (mit ganz wenigen, offensichtlichen Ausnahmen wie etwa Anführungszeichen, Gedankenstrichen etc.) wenn überhaupt HINTER einem Satzzeichen erscheint, nicht davor ("plenken"), soll uns hier nicht kümmern.

Viel bedenklicher finde ich, dass sie auf ihrer Seite tote Links anlegen.

Zudem ist der Inhalt ihres "Archives" offensichtlich nicht für Suchmaschinen zugänglich. Die PDF-Dokumente sind anscheinend durchgehend gescannt, nicht einmal Metadaten lassen sich durch nachvollziehbare oder gar speicherbare Muster von HTTP-Anfragen beschaffen - ein Beispiel von POST-Daten einer Übersichtsseite:

__sessionNumber=385260&__pageid=PdPiDisplay14&__a1=WP%3D17+AND+R%3D15&__a2=&__a3=%28unused%29&__hiddenstyle=A&__dirtyFlag=undefined&__action=4&ReportFormatListValues=PdPiDisplayReport&__ReportId=BriefResultsHistoryList%5E0

Mit diesem Verhalten entziehen sie ihren Inhalt der öffentlichkeit, und an dieser Stelle gehe ich wirklich von Absicht aus, die überaus peinlichen Inhalte dieses Archives betrachtet.

Ich würde sie darum bitten, ein den Zeiten und Umständen angemessenes System anzubieten, und im übrigen darum, mir einen Hinweis darauf zu geben, wo ich Informationen über diesen "Formfehler" finden kann.

Sollten sie daran interessiert sein, ihr System zu verbessern, bin ich gerne bereit, ihnen gegen entsprechende Bezahlung dabei zu helfen. Auf Anfrage werde ich ihnen Proben meiner Arbeit zukommen lassen.

Mit freundlichen Grüßen
Bastiaan Zapf

Samstag, 7. Juni 2008

Twister über Politiker im Allgemeinen

Bettina Winsemann hat zwei glänzende Artikel geschrieben, mit denen ich voll und ganz übereinstimme:

Unwissend, verlogen, heuchlerisch - und stolz drauf?
Frau Zypries und ihre Nebelkerzen

Das dumme ist, dass auch nach dem zehntausendsten Artikel, der detailliert belegt, dass Politiker dumme, zynische Antiaufklärer sind, sich kein einziger "Demokrat" berufen fühlt, das Problem zu hinterfragen oder gar eine Lösung zu suchen. Man solle doch eine Partei gründen, die es so macht, wie man will, wird die Antwort sein. Im übrigen sei man unreif und überhaupt polemisch, aggressiv, und das wolle niemand hören.

Samstag, 31. Mai 2008

Stasi?

Ich habe keine Ahnung, was die Birthler für ein Problem hat. Wenn Gysi IM bei der Stasi war, ist das doch an sich kein Ausschlußkriterium, sondern ideale Vorbildung für höhere Weihen der Bundesregierung.

Ich glaube, das ist eine rein psychologische Barriere. DDR-Stasi = Böse, BRD-Stasi =Gut. Und die reden von Flexibilität bei der Arbeitssuche...

Dienstag, 27. Mai 2008

Der Skandal, der keiner sein darf

Niemandem wird entgangen sein, dass die Telekom nicht nur die Daten einer Hausanlage genutzt hat, sondern eben des einen, großen, deutschlandweiten Fernsprechnetzes. Dem Ding, über das jeder von euch täglich Telefoniert. Falls doch: war so.

Das entspricht also so ziemlich dem GAV (größten anzunehmenden Verbrechen) im Bereich des Datenschutzes: intimste Daten u.A. der persönlichen Lebensgestaltung, eigene Bereicherung oder Schaden anderer geplant, Opfergruppe total erfaßt, man könnte sogar Mutmaßen, das Fernmeldegeheimnis sei betroffen (ist nicht ganz einfach: da geht es um Inhalte - allerdings ist die Tatsache, wer mit welchem Journalisten telefoniert, schon fast der Inhalt, da sie diesen ja u.U. erkennen läßt)...

Auf derartige Verstöße stehen (bloß nach Datenschutzgesetz) "bis zu" 2 Jahren Haft. Das durchschnittliche Weltbild von Juristen zugrundegelegt, heißt "bis zu 2 Jahren" in der Realität dann Freispruch, schließlich wird die Telekom jedem einzelnen beteiligten Juristen locker genug bezahlen (ein paar Millionen aus der Portokasse), um sich vor dem Super-GAU einer fehlenden (oder u.U. sogar geständigen - vgl. Siemens) Führungs"kraft" zu schützen..

Das Gehirn restlos abgeschaltet hat dann der "Bund deutscher Kriminalisten", der die Einrichtung einer zentralen, staatlichen Datensammelstelle fordert. Zeitgleich zur geplanten Wiedereinsetzung der Gestapo. Da kann man ja schon nicht mehr von Idiotie oder Bildungsferne reden, da muß böser Wille im Spiel sein.

Nachtrag: Die Idee, dass das BKA die Reinkarnation der Gestapo ist, ist, wie ich gerade herausgefunden habe, nur bedingt witzig. Wie es euch geht, weiß ich nicht, an sich Satirische Kombinationen von Begriffen wie "BKA Gestapo" geb ich nur selten in Google ein.

Die Bundesrepublik gibt ihre Auflösung bekannt

Nachdem der sogenannte "Vertrag von Lissabon" ohne Diskussion oder überhaupt Rückfrage von allen wesentlichen Staatsorganen abgenickt wurde, wird nun auch das Bundesverfassungsgericht, da ausschließlich mit Bildungsfernen Lebensformen Besetzt, mit einem freudigen "Heil!" auf den Lippen sehend in den eigenen Untergang schreiten, nein, jubilierend springen, so der reflexartig hochklappende rechte Arm nicht zufällig am Mond hängenbleibt.

Zum "sogenannt": unter einem Vertrag versteht man üblicherweise eine als bindend verstandene, freiwillige, beiderseitige Willenserklärung. Keines dieser Adjektive trifft auf die Opfer des Vertrages von Lissabon zu. Man spräche also besser von einem "Angriff".

Mittwoch, 14. Mai 2008

Köhlers Welt

Horst Köhler hat anscheinend eine funktionierende Gehirnzelle:
Jetzt muss jedem verantwortlich Denkenden in der Branche selbst klar geworden sein, dass sich die internationalen Finanzmärkte zu einem Monster entwickelt haben, das in die Schranken gewiesen werden muss.
Ich meine jedoch zu erkennen, dass Köhler nach Politikerart mehr als deutlich zu kurz "denkt" und irgendwelche Teile der Sklavenhalter im Finanzsystem von seiner Kritik ausnimmt ("die internationalen Finanzmärkte" - als ob das Nationale, die Börsen oder überhaupt Banken im allgemeinen keine "Monster" wären).

Dann Polemisiert er noch ein bißchen
Es hat kaum noch Bezug zur Realwirtschaft. Dazu gehören auch bizarr hohe Vergütungen für einzelne Finanzmanager.
Und hat natürlich auch keine Lösung. Selbstverständlich. Hätte er eine Lösung, hätten wir seinen Namen niemals im Zusammenhang mit Politik gehört. Hätte er überhaupt von etwas Ahnung, hätte er einen Job und bräuchte kein als "Diät" getarntes Arbeitslosengeld.

AWACS

Das BVG hat entschieden, dass der Einsatz von AWACS im Golfkrieg am Parlament vorbei "Verfassungswidrig" war. Da bin ich mit denen einer Meinung, die Verfassung sagt eindeutig, dass das so nicht geht. Eines der Probleme mit diesem Urteil ist die zeitliche Verzögerung, ein anderes, dass unsere "höchsten Richter" offensichtlich keine Macht haben, als große, einfache, wirkungslose Worte zu schwingen.

Das Problem ist, dass dieses Urteil weder Wirkung auf die Zukunft haben wird, noch an der Vergangenheit etwas ändert, wie das nun mal bei "Verfassungsgrundsätzen" üblich ist.

Das Grundgesetz ist nur ein berkritzeltes Stück Papier. Die Realität sieht anders aus.

In der Realität darf jemand, der die Bundesrepublik in einen Krieg manövriert, auch Jahre danach noch frei herumlaufen. Er kann sich ja auf seine "Immunität" berufen. Im Klartext heißt das: wenn ich beispielsweise falsch parke oder in der öffentlichkeit Uriniere, habe ich schlimmere Strafen zu befürchten, als wenn ich die Verfassung nicht nur im Geiste, sondern auch im Wortsinn breche und das Leben von Mitbürgern aufgrund außenpolitischer Befindlichkeiten aufs Spiel setze.

Im übrigen kann mans nicht oft genug erwähnen: die Bundesrepublik führt Angriffskriege. Das ist auch "Verfassungswidrig". Konsequenzen? Keine. Öffentliche Wahrnehmung? Keine.

So blöd, solche skrupellosen Unmenschen nicht zur Verantwortung zu ziehen, können nur erfahrene Juristen sein.

Wir können ja Wetten darüber abschließen, was im nächsten "Zweifelsfall" (Iran? Nordkorea? Indien? China?) passieren wird:
  1. Der Einsatz wird, wie üblich, ohne Rücksprache mit dem Parlament oder überhaupt irgendjemandem durchgeführt. Das BVG veröffentlicht ein 80-seitiges Urteil, in dem der Gesetzgeber verpflichtet wird, den Strafrahmen für Falschparker auf Lebenslänglich zu erhöhen.
  2. Der Innenminister erklärt sich zum Gottkönig und setzt das BVG ab
  3. Die Amerikaner kaufen sich eine Mehrheit im Parlament

Sonntag, 13. April 2008

SPON wie es leibt und lebt, heute mal über den Gesundheitsfonds
Die Gesundheitsministerin kommt ihren Kritikern entgegen - zu Lasten der Kassenpatienten.
SPON stellt also die Behauptung in den Raum, der Gesundheitsfonds wäre schlecht für die Kassenpatienten. Ohne diese Behauptung im Artikel auch nur andeutungsweise zu Untermauern.

Weiterhin, recht Beiläufig:

Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums bestätigte inzwischen den SPIEGEL-Bericht, dass Schmidt den Ländern entgegenkommen will. Nach dem Willen der Bundesregierung sollen die Länder im Fall einer Krankenkassenpleite von der Pflicht entbunden werden, die Schulden übernehmen zu müssen. Hintergrund ist, dass die Länder nicht für die Altersversorgung der Krankenkassenbeschäftigten haften wollen.

Künftig sollen laut SPIEGEL-Informationen bei einer Insolvenz einer Kasse zunächst die übrigen Krankenkassen einspringen. "Die Haftung der Länder wird zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesundheitsfonds aufgehoben", heißt es in einem Eckpunkte-Entwurf für ein "Gesetz zur Herstellung der Insolvenzfähigkeit aller Krankenkassen".

Als neuer Haftungsträger sollen zunächst die jeweiligen Schwesterkassen einspringen. Anschließend "haften die Krankenkassen der übrigen Kassenarten", heißt es weiter.

Da wird mal eben in drei Absätzen etwas abgetan, das zu verstehen ich persönlich jetzt erstmal recherchieren müßte. Was ist mit "übrige Kassenarten" gemeint? "Insolvenzfähigkeit aller Krankenkassen"? Hallo? Teilnehmer?

Meines Erachtens ließe sich das Gesundheitssystem relativ einfach neu und deutlich billiger strukturieren. Wichtige Eckpunkte wären hier:
  • Positivliste für öffentlich finanzierte Medikamente. Bei Interesse, die WHO hat ein Programm, das alle unbedingt nötigen Medikamente aufzählen möchte: WHO Essential Medicines (hier die Liste selber). Insbesondere sollte jedoch auch z.B. die Verschreibung von Antibiotika schärfer kontrolliert werden (in manchen Gegenden scheint es üblich zu sein, gegen eine gewöhnliche Erkältung Antibiotika zu verschreiben! Gegen solche Ärzte müßte eigentlich Strafrechtlich vorgegangen werden...)
  • Ähnliches sollte für Behandlungen gelten. In beiden Fällen geht es darum: das Gesundheitssystem wird durch Hokuspokus"therapie" ausgelaugt. Manche Dinge liegen einfach auf der Hand. Akupunktur wird ja glücklicherweises nicht mehr bezahlt, aber viel in der Beziehung der Allgemeinheit zur Medizin ist immer noch Hokuspokus-Glauben.
  • Einfach nachvollziehbare Reglung für ethische Grenzfälle - konsequente Anwendung von z.B. GCS, nachvollziehbare Grenzen bei der Behandlung von Alterskrankheiten - die sind dann sicher auch im Hinblick auf die Menschenwürde vertretbar - muß denn nach 3 Herzinfarkten bei einem 60jährigen auch unbedingt noch ein zweites mal ein Bypass gelegt werden?
  • Stringente Hygienegesetze für Krankenhäuser, die vom Gesundheitsamt mit Hausbesuchen überwacht werden. Ja, das spart Kosten.
  • PKV darf die allgemeine medizinische Versorgung nicht ersetzen, höchstens ergänzen. Bei Konflikten über die Zuständigkeit wird zuungunsten der privaten Finanzierung entschieden.

WTF?

Das “Verlangen der Grünen nach Anhörung ist gequirlte Scheiße, formal argumentiert” hatte der SPD-Abgeordnete Uwe Beckmeyer im Ausschuss gesagt. (...) Ein CDU-Abgeordneter hatte der Opposition zudem “parasitäres politisches Verhalten” unterstellt.
via Nachdenkseiten

Pressemitteilung der Linken

Eigenartig, diese Sitten da. Es ging im übrigen um die Bahnprivatisierung. Die Sachen, die man da beim Reisen erlebt (fehlende Pünktlichkeit, "Dritte Welt"-flair, asoziale, dumme und rufschädigende Geschäftsmodelle) lassen bei mir ja immer Angst vor der Zukunft aufkommen. Vielleicht sollten wir doch alle zurück auf die Bäume...

Da Versteht man endlich mal, was die immer meinen mit "die eigentliche politische Arbeit findet in den Ausschüssen statt". Sobald die Kontrolle durch die Öffentlichkeit eingeschränkt ist, verliert dieses Gesochs alle Hemmungen...

Mail an Uwe Beckmeyer mit Bitte um Bestätigung dieses Statements ist raus.

Sonntag, 6. April 2008

Studiengebühren

Nochmal ein paar Quellen für die Aussagen vor der Wahl:
Unter anderem will die SPD das verkürzte Abitur sowie die Studiengebühren abschaffen.
Tagesspiegel
Sie [die Grünen] halten es aber für den falschen Weg, das dazu notwendige Geld via Studiengebühren bei Studierenden einzusammeln.
Website von Tarek al-Wazir
Die Linke.Hessen lehnt Studiengebühren ab
Die Linke Hessen

Mal schauen, wie lange die brauchen um herauszufinden, dass sie für dieses Thema eine Mehrheit brauchen. Ich würde den IQ des neuen Landtags abschätzen als (100-Tage zwischen Konstituierung bis zur Wirksamkeit der Abschaffung der Studiengebühren).

Sonntag, 30. März 2008

Private Krankenkassen und der Bezug zur Realität

Viele Leute in meinem Umfeld preisen die Privaten Krankenkassen als das nonplusultra der Krankenversicherung. Schließlich sind sie billiger als die Pflichtkrankenkassen, und sie leisten auch mehr. Ist ja auch richtig. Die Frage ist, wie kommt das zustande?

Ein Ereignis aus der Tagespresse erklärt das vielleicht: Privatkassen klagen gegen Gesundheitsreform.


Private Krankenkassen können (und das geben sie sogar selber zu!) nur überleben, indem sie ihren Kundenstamm ständig Vergrößern, und das auch noch in die Richtung, die der allgemeinheit, den gesetzlichen Krankenkassen, am meisten wehtut: bei jungen, gesunden gutverdienern. Es gibt ein Gesetz gegen Unlauteren Wettbewerb. Die Privaten Krankenkassen verstoßen in Ihrer Gesamtheit dagegen. Sie sind ein verficktes Schneeballsystem.

Wenn man verhindern würde, dass die PKV Neukunden bekämen, würden die Beiträge innerhalb kürzester Zeit steigen und schließlich das Niveau der der gesetzlichen erreichen. Weil der Preisvorteil der PKV nicht darin besteht, besser zu kalkulieren (das tun sie nicht), sondern darin, sich die Kunden auszusuchen.

Jeder Tag, den das Parlament vergehen läßt, ohne PKV zu verbieten, ist ein Tag, an dem diese Idioten "nein" sagen zu Gerechtigkeit bei der Krankenversicherung. Jeder Tag, den das BVG vergehen läßt, ohne PKV zu verbieten, ist ein Schlag ins Gesicht aller gesetzlich Versicherten. Niemand hat den "Volksvertretern" den Auftrag gegeben, bei der Krankenversicherung einen Zustand herzustellen, der gewisse Personen bevorteilt und andere benachteiligt. Im Gegenteil. Wir reden, mal wieder, über flächendeckende Arbeitsverweigerung und die Unfähigkeit, Realität zu erkennen und entsprechend zu handeln.

Michael Klarmann sieht das ähnlich.

Montag, 17. März 2008

Defekte

In diesem Post will ich noch einmal detailliert auf einige Defekte des bundesdeutschen Systems von Demokratie eingehen und Lösungsmöglichkeiten aufzeigen. Unter einem Defekt verstehe ich eine Situation, in der der bestehende Mechanismus entweder im Ergebnis von der Meinungsmehrheit unter der Bevölkerung abweicht oder den Bürger dazu zwingt, seine erste Wahl aufzugeben (also das zu tun, was man so schön "taktische Wahl" nennt). Beide Situationen sind inhärent Demokratiefeindlich.

Ich will gar nicht behaupten, dass es eine Möglichkeit gibt, Demokratie praktikabel und dennoch widerspruchsfrei zu gestalten, aber es ist nun mal so, dass die Situation eher jeder beliebigen demokratischen Regung hinderlich ist. Was das verwendete System als scheindemokratisch entlarvt.

  1. Die Macht wird so stark indirekt vergeben, dass der Einfluß einer Wahl marginal ist. Die Parteien wählen ihre Bonzen, diese Stellen sich Blockweise zur Abnickung durch das Volk, wählen sich dann Gegenseitig in irgendwelche Positionen, die niemand versteht, und am Ende wird behauptet, das Volk hätte alles so gewollt. Nichts könnte ferner Liegen. Ich verlange eine Abschaffung von Indirektion. Wenn einer den Polizeistaat einführt, soll er das bitte schön nur dann können, wenn ihn eine absolute Mehrheit der Bevölkerung ihn Persönlich damit beauftragt hat, nicht etwa, weil eine relative Mehrheit der Bevölkerung seine Partei gewählt hat, die aus häßlichen, dummen, rechtsradikalen Bonzen besteht, die dann einen dummen, häßlichen, rechtsradikalen Bonzen aus ihrer Mitte in eine machtvolle Position gebracht hat, und weil dumme, häßliche, rechtsradikale Bonzen derselben Partei im Bundesrat nichts dagegen haben. Ich fordere klare Verantwortung und direkte Demokratie, insbesondere die direkte Wahl von Verantwortlichen - und damit meine ich nicht nur die Regierung, sondern auch die Vorsitzenden von großen Unternehmen und Finanzschaltstellen. Ich fordere ferner, dass jedes einzelne Regierungsmitglied und jedes einzelne Mitglied des Parlaments im Notfall direkt durch das Volk abgewählt werden können muß.
  2. Auch die Listenplätze der Parteien müssen in öffentlicher Wahl vergeben werden. Es kann nicht sein, dass die oberen 500 Plätze von dummen, häßlichen, alten Männern besetzt werden, die durch diese Eigenschaften und ihre Tradition in der Partei in diese Position gelangen, während auch nur eine einzelne Person, bei der anders als bei den genannten Politikern, auch nur die geringste Möglichkeit besteht, dass sie Erkenntnisse erlangen kann, im Ortsverein Castrop-Rauxel versauert.
  3. Die lange Legislaturperiode verhindert effektiv, dass diese Vollidioten für die Scheiße, die sie denken, sagen und bauen, zur Verantwortung gezogen werden. Wenn jede Bewegung in Richtung System Louis XIV. mit einem Verlust von 10% der Abgeordneten quittiert werden könnte, würden die sich zweimal überlegen, ob sie eine Systemfeindliche Figur wie Schäuble an ein Mikro geschweige denn eine Entscheidung treffen lassen würden. Man muß nicht notwendigerweise explizit die Dauer der Legislatur verändern, es würde vermutlich schon reichen, Neuwahlen per Mehrheit (ohne Enthaltungen gezählt) in einer Volksabstimmung auslösen zu können.
  4. Die 5%-Klausel verzerrt Verhältnisse. Die 5.00001% der Linken in Hessen wären ohne 5%-Klausel nicht zustandegekommen. Durch die 5%-Klausel haben sich Leute gezwungen gefühlt, die Linke zu wählen, um ihr den Einzug ins Parlament zu sichern, und Leute haben sich gezwungen gefühlt, eine andere Partei zu wählen, um eben das zu verhindern. Die 5%-Klausel ist ein Relikt archaischen Denkens (dass nur eine Gruppe, die sich hinreichend stark Organisieren und Präsentieren kann, im Recht liegen kann) und gehört Ersatzlos gestrichen.
Diese Liste ist mit Sicherheit nicht vollständig.

Was ist das Ziel meiner Ideen? Neben der Verwirklichung der demokratischen Idee, die Inoffiziellen Machtverhältnisse (innerparteiische Abhängigkeiten, taktische Wahlen) durch öffentlich Einsehbare zu ersetzen. Es kotzt mich an, dass, wenn ich z.B. in der Bundestagswahl die SPD wählen will, ich letztlich einen Haufen dumme, alte, häßliche, rechtsradikale Vollidioten über die Liste wählen muß, die vielleicht von einer Mehrheit der SPD-Gehirnversager getragen wird (nichtmal da: wer darf denn überhaupt auf die Liste?), aber von niemandem sonst, und beim Erststimmenabgeordneten auch keine Wahl habe und somit einen dummen, alten, häßlichen, rechtsradikalen Vollidioten wählen muß oder aber einen Erfüllungsgehilfen dieser.

Nachtrag: Peter Mühlbauer kommt offenbar zu ähnlichen Ergebnissen wie ich, befürwortet aber, anders als ich, eine Form des Mehrheitswahlrechts. Ich weiß noch nicht, was ich von diesem Detail halten soll. Mehrheitswahlrecht ohne Wahlkreise